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Zwei Drittel der Studierenden arbeiten neben dem Studium – doch es gibt auch den umgekehrten Weg: neben dem Vollzeitjob zu studieren. Egal für welche Option man sich entscheidet, häufig schiebt man Nachtstunden am Küchentisch.
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Pro: Nicht planlos ins Arbeitsleben
von Selina Thaler

Ein Unistudium ist – abgesehen von etwa Architektur, Medizin oder Jus – keine Berufsausbildung. Sondern eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Fach, mit ein paar wenigen Praxiskursen, wenn man Glück hat. Doch keine Arbeitserfahrung heißt später: kein Job. Man muss sich also selbst kümmern, ergo berufsbegleitend studieren.

Während der Oberstufe fing ich an, auf Honorarbasis Artikel zu schreiben, während des Studiums machte ich damit weiter. Ich war flexibel, konnte mir meine Arbeitszeiten einteilen – was nicht immer von Vorteil ist, wenn man bis Mitternacht an einem Text sitzt und am nächsten Tag um acht Uhr im Hörsaal sein muss – und machte parallel eine Journalistenausbildung.

Ja, das war viel und anstrengend. Aber ich würde diesen Weg nochmals gehen – trotz der Abstriche, die ich machen musste. Phasenweise steckte ich mein Privatleben zurück, anders als viele Kommilitonen hatte ich selten drei Monate Sommerferien, sondern war meist vor dem Bildschirm statt im Freibad. Und häufig nahm ich Urlaub, um meine Abschlussarbeiten zu schreiben.

Berufsbegleitend zu studieren heißt, sein Leben gut zu planen, um Studium, Beruf, Freunde, Familie und Entspannung wie fixe wöchentliche Yogastunden zu vereinbaren. Solange man jung ist, hält man die Mehrfachbelastung eher aus – und hier bringt sie einem für später auch am meisten. Denn: Wer neben dem Studium arbeitet (oder umgekehrt), lernt unheimlich viel, kann das Wissen direkt anwenden, erkennt, ob einem der Job liegt oder nicht, knüpft Kontakte und steigt nicht völlig planlos in die Arbeitswelt ein. Und wenn alles gut läuft, hat man mit dem Masterabschluss einen unbefristeten Arbeitsvertrag in der Hand.

Kontra: Nur in Bildungsteilzeit
von Lisa Breit

Ich habe soeben eine akademische Ausbildung zur Videojournalistin abgeschlossen, berufsbegleitendes Studieren also selbst ausprobiert. Für mich hat das geheißen: neben dem 38-Stunden-und-mehr-Job zwei Abende pro Woche und oft auch die Samstage im Kurszentrum zu verbringen. Und am Wochenende Interviews zu organisieren, Beiträge zu konzipieren, zu filmen, zu schneiden und einzusprechen.

Das geht. Aber es ist sehr anstrengend. Eigentlich nur machbar, wenn der Freund zurücksteckt, Freunde und Familie Verständnis zeigen und die Chefin einen unterstützt. Und sobald eine außerordentliche Belastung dazukommt, wird es schnell zu viel. Bei mir war das der Umzug in eine neue Wohnung. Die Küche habe ich während einer Schulung für ein Schnittprogramm geplant. Wochenlang hatten wir keinen Kleiderkasten, weil wir nicht dazugekommen sind oder ich zu müde zum Aufbauen war.

Obwohl ich quasi ständig an etwas arbeitete, war ich gefühlt immer mit allem hinterher. Dauernd stand ein Abgabetermin bevor, Deadlines am laufenden Band. Und überall war Kreativität gefragt – die ich kaum noch aufbringen konnte. Mein Kopf war leer. So kannte ich mich selbst gar nicht – was war bloß los mit mir?

Wer ständig hinterherhetzt, dem bleibt keine Zeit mehr, sich mit diesen Dingen wirklich auseinanderzusetzen. Mein Kurs war eine Bereicherung. Jede Einheit habe ich völlig enthusiasmiert verlassen. So vieles war neu für mich. Ich hätte nur gerne mehr darüber nachgedacht, mehr geübt, mehr nachgelesen.

Berufsbegleitend studieren: das nächste Mal nur in Bildungsteilzeit.