Bergauffahren wird nun in Schwierigkeitsstufen unterteilt.

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Innsbruck – Über technisch anspruchsvolle Trails bergauf zu fahren ist eine völlig neue Spielart des Mountainbikens. Dank Unterstützung durch elektrische Motoren findet dieser Uphill-Sport immer mehr Anhänger. Auch im Tretlager haben wir es bereits ausprobiert und für gut befunden. Nun wird der steigenden Beliebtheit dieser Art des Radelns mit einer eigenen Uphill-Skala Rechnung getragen.

Spaß bergauf mit Stefan Schlie: So sieht das aus, wenn echte Könner ihr E-Bike bergauf manövrieren. Schlie war nun an der Entwicklung der Uphill-Skala für E-MTBs beteiligt.
Kurt Resch

Entwickelt haben die brandneue Skala drei E-MTB-Experten. Der mehrfache Trial-Champion und Bosch-Testimonial Stefan Schlie, Xitrail-Gründer und Mountainbike-Pionier Julius Moosbrugger und sein Vorarlberger Landsmann und Bergsportaficionado Alexander Sonderegger sind begeisterte E-Biker. Der sogenannte Uphill-Flow, also der Spaß beim Bezwingen schwieriger Aufstiege mit dem Fahrrad, eint die drei. Daher haben sie in Anlehnung an die deutsche Singletrail-Skala, die seit Jahren anerkannte Kategorisierung von Biketrails, ein Pendant zum Bergauffahren erdacht.

Einheitliche Wegbeschreibungen

"E-Mountainbikes sind nicht aufzuhalten, egal wie man dazu steht", erklärt Sonderegger. Und mit dem Siegeszug der Pedelecs werde eben auch das Bergaufbefahren von Trails zunehmen. Auch wenn sich Sonderegger sicher ist, dass es eher ein Nischenprogramm im E-Bike-Sektor bleiben wird. Aber gerade Tourismusdestinationen setzen immer mehr aufs E-Bike. Und dafür wird immer mehr eigene Infrastruktur geschaffen.

Mit der Uphill-Skala will man diesen Akteuren ein brauchbares Hilfsmittel bereitstellen, um diese Trails für die Nutzer nachvollziehbar einzustufen. Denn bisher beschränkt sich die Beschreibung der Wege meist auf ein simples "bergauf". Die sechsteilige Skala soll es nun ermöglichen, wie bei den Singletrails standardisierte Schwierigkeitsgrade anzugeben.

Neue Methoden für neuen Sport

Zur Beurteilung der Wege haben die drei teils ganz simple Messmethoden herangezogen. "Wir haben abgemessen, wie hoch Stufen und Felsabsätze in Zentimetern sind oder wie steil das Gelände ist und ob es mit losem Geröll durchsetzt ist oder nicht", erklärt Sonderegger. Aber es bedurfte auch ganz neuer Denkansätze. Denn anders als beim Downhill-Befahren, wo Hinterradversetzen eine Grundtechnik ist, kommt es beim Uphillen auf ganz andere Techniken wie etwa Vorderradversetzen an.

Für die Beurteilung von Wegen werden immer nur kurze, aussagekräftige Teilstücke herangezogen. Die Masse, so denkt Sonderegger, werde sich wohl auf Wegen der Kategorie U1 bis U3 bewegen. Alles, was darüber ist, setzt schon gewisse Akrobatik und Trial-Können voraus. Noch ist die Uphill-Skala ganz neu und wird nirgends eingesetzt. Doch mit zunehmender Bekanntheit, hoffen die Erfinder, werden vor allem Bikeparks und Tourismusdestinationen darauf zurückgreifen, um ihr Angebot besser zu kommunizieren. Und auch die Szene, so die Hoffnung, werde sie übernehmen wie die Singletrail-Skala.

Hier die sechsteilige Uphill-Skala mit den Detailbeschreibungen der einzelnen Schwierigkeitsstufen:

U0↑ (sehr einfach)

U0 beschreibt breitere Trails, auf denen keinerlei bemerkenswerte Schwierigkeiten zu erwarten sind. Neben Forstwegen sind breite Wald- und Wiesenwege mit griffigem Untergrund zu erwarten, die flüssig zu fahren sind und kaum Hindernisse aufweisen. Die Steigung beträgt meist unter 20 Prozent. Es ist keine besondere Fahrtechnik notwendig. Mit einem klassischen Mountainbike stellt sich S0 als mittelschwerer Trail dar.

U1↑ (einfach)

U1-Trails können etwas schmaler sein und kleinere Hindernisse wie flache Wurzeln und kleine Steine aufweisen. Mit losem Untergrund, grobem Schotter und Wasserrinnen muss gerechnet werden. Die Steigungen betragen bis zu 25 Prozent, und Kurven können etwas enger ausfallen. Fahrtechnik ist hier nicht mehr trivial. Grundkenntnisse in der Fahrtechnik, insbesondere das Anfahren in Steigungen, sollten vorhanden sein.

U2↑ (mittel)

Auf U2-Trails muss mit etwas größeren Wurzeln, Steinen und Stufen bis zu 20 Zentimeter gerechnet werden. Die Wege sind oft schmal, können 35 Prozent Steigung und mehr sowie Schräglage aufweisen. Der Untergrund wird vermehrt durch loses Material, groben Schotter, Felspassagen und Wasserrinnen anspruchsvoller. Enge Kurven sind zu erwarten, Spitzkehren nicht. Fortgeschrittenere Fahrtechniken wie das kurze Anheben des Vorderrads und das Überwinden von Hindernissen durch Gewichtsverlagerung sowie ein dosierter Krafteinsatz, Bremstechniken bergauf und ein gutes Pedalmanagement oder Short Cranks sind vorteilhaft. Der Sattel sollte etwas abgesenkt werden.

U3↑ (schwierig)

U3-Trails können Hindernisse aufweisen, die eine an sich offensichtliche Linie sowie das Pedalmanagement sehr schwierig machen. Es treten vermehrt anspruchsvolle Passagen mit unerwarteten Wurzeln und Absätzen, Felsbrocken, losem Geröll und Schrägfahrten auf schmalen Wegen auf. Ebenfalls Stufen mit bis zu 35 Zentimetern. Die Hindernisse sind auch in engen Kurven zu erwarten; Spitzkehren sind unter U3 nicht definiert. Die Steigungen können auch auf längeren Passagen bis zu 50 Prozent betragen und flache Treppen aufweisen. Eine grundsolide fortgeschrittene Fahrtechnik ist Voraussetzung. Das Vorderrad anheben und versetzen, Gewichtsverlagerungen und gezieltes Antreten beziehungsweise Anbremsen zum Überwinden von Hindernissen sind ebenso Voraussetzung wie ein sehr gutes Pedalmanagement und eine saubere spontane Linienwahl. Der Sattel muss deutlich abgesenkt werden. Einzelne Passagen können nur mehr im Stehen bewältigt werden.

So sieht es aus, wenn man eine U4-Passage meistert.
Alexander Sonderegger

U4↑ (sehr schwierig)

U4 beschreibt überaus anspruchsvolle Uphills mit groben Wurzelpassagen, großen Steinen, Felspassagen und Stufen über 40 Zentimeter. Loses Geröll, schmale Schrägfahrten sowie sehr enge Kurven und Spitzkehren sind ebenso zu erwarten wie schwierige Treppen und Steigungen über 60 Prozent. Mit Passagen, in denen das Kettenblatt und insbesondere die Pedale aufsetzen, ist dauernd zu rechnen. Neben einer fundierten Fahrtechnik sind anspruchsvolle Trial-Techniken erforderlich. Dazu gehört vor allem die Fähigkeit, das Vorderrad (Front Switch) und das Hinterrad (Back Switch) zu versetzen. Das Pedalmangement muss gut getaktet sein, da die Pedale andernfalls an den Hindernissen verhaken. Anfahren am Berg muss besonders gut gekonnt werden. Auch im Stehen unter den bekannten Kriterien. Der Sattel muss für die Bewegungsfreiheit vollständig abgesenkt werden.

U5↑ (extrem)

In U5-Passagen treten die zuvor genannten Schwierigkeiten kombiniert und in Sequenzen auf. Extreme Steilaufschwünge bis an die Grenze der Bodenhaftung, sehr hohe Stufen, enge Spitzkehren können mit sehr schwierigem Untergrund korrelieren. Auch mit ausgefeilter Trail-Technik bedarf es in aller Regel vieler Versuche, bevor eine U5-Passage gelingt! Zudem befinden sich extreme Schwierigkeiten in ausgesetztem Terrain. (Steffen Arora, 2.10.2018)