Bemalen und bemalt werden: Die Haut als Malerleinwand, dieses Thema treibt die amerikanisch-bolivianische Künstlerin Donna Huanca um.

Foto: Johannes Stoll

Wien – In den Prunksälen des Unteren Belvedere rechnet man eher mit historischen Ausstellungsthemen. Einem Historienmaler des 19. Jahrhunderts oder Überblicksdarstellungen der klassischen Moderne boten die altehrwürdigen Räume in jüngerer Zeit eine Bühne. Umso stärker ist die Wirkung der Arbeiten von Donna Huanca, mit denen nun die Gegenwartskunst einkehrt.

Die amerikanisch-bolivianische Künstlerin hat in die barocke Atmosphäre eine futuristische Szenerie gepflanzt, die zwischen psychedelischer Malaktion und Cyberpunk-Modeschau flottiert. Paraventartige Objekte aus Stahl, opulent bestückt mit zerschnittenen Jeans, Latex oder Sexspielzeug, dienen als Bühnenbild. An den Wänden breiten sich abstrakte Farbstrudel und Abdrücke bemalter Körper aus.

Performer wie Skulpturen

Selbige sind auch leibhaftig anwesend. Performerinnen und Performer mit grellem Bodypainting und exzentrischen Kostümen bewegen sich lautlos durch die Ausstellungsräume. Zuweilen verschmelzen sie wie Chamäleons mit den bemalten Wänden und vermögen ähnlich überraschend wie jene aus dem Nichts aufzutauchen. Oder sie bieten, reglos dastehend, den örtlichen Skulpturen neonleuchtend Widerparts.

Die nachdrückliche Körperlichkeit der Schau könnte manchen Besucher, der auf gute alte Flachware gepolt war, irritieren. Immerhin blicken Huancas "lebendige Leinwände" – also die Performer – zurück, während man die feinen malerischen Texturen auf ihrer Haut betrachtet. Das Spiel mit der Grenze zwischen Körper und Malerei ist wesentlich in jenem Konzept, mit dem Huanca auf dem Kunstmarkt reüssiert.

Offensive Körperlichkeit

Die 1980 in Chicago geborene Künstlerin erprobt die nackte Haut als Leinwand und kokettiert mit den Geschichten, die diverse auf dem Flohmarkt erstandene Kleidungsstücke zu erzählen vermögen. Huanca zählt zu jenen Künstlerinnen, die durch unbedingte Sinnlichkeit die Verflüssigung der Identitäten anvisieren.

Den Willen zum Immersiven bekräftigt sie, indem sie Räume mit Sound-Atmos ausstattet und einen Saal gar mit dem Geruch von Myrrhe füllt. Ja, ein wenig Kitschverträglichkeit wird man in die Ausstellung Piedra Quemada (dt. "Verbrannte Steine") schon mitbringen müssen.

Leibfreundlichkeit 2.0

Schade kann man finden, dass es Huancas Utopie von der Leibfreundlichkeit 2.0 leicht an Diversität mangelt. Der Kampf gegen das Schönheitsideal, den sich die Künstlerin auf die Fahnen schreibt, erscheint ein wenig halbherzig, denn: Viel Abwechslung und Normabweichung wird man unter ihren durchwegs androgynen Performern dann doch nicht finden. (Roman Gerold, 2.10.2018)