Köche sind Mangelware in Österreich – auch Lehrlinge fehlen.

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Nach den Sommermonaten beginnt für viele Jugendliche und junge Erwachsene im September der Ernst des Lebens. Erst die Herbsttemperaturen verleiten Pflichtschulabsolventen verstärkt dazu, sich aktiv nach einem Lehrplatz als Kfz-Mechaniker, Friseur oder Elektrotechniker umzuschauen. Rund 5.000 Lehrstellensuchende haben sich im Jahresdurchschnitt 2018 jeden Monat beim Arbeitsmarktservice (AMS) gemeldet. Im September waren es deutlich mehr, nämlich 6.550 junge Menschen, die beim Arbeitsamt vorstellig wurden.

Diese Zugangsspitze, die es auch in den vergangenen Jahren gegeben hat, trägt dazu bei, dass die Erholung am heimischen Lehrstellenmarkt von Misstönen begleitet wird. So gab es zum ersten Mal seit vielen Jahren im September beim AMS zwar mehr gemeldete offene Lehrstellen als Lehrstellensuchende. Doch Industrie und Wirtschaftskammer beklagen sich darüber, dass in vielen Branchen qualifizierte Lehrlinge fehlen. Hinzu kommt ein genereller Mangel an ausbildungswilligen jungen Menschen in Westösterreich. Gleichzeitig sind tausende Lehrstellensuchende unzufrieden, weil sie nicht den gewünschten Arbeitsplatz bekommen oder gar nichts finden.

Umkämpfte Plätze

Die plötzliche Bewerbungsflut im Herbst verkompliziere diese Situation zusätzlich, sagt AMS-Chef Johannes Kopf. Ein Beispiel aus Wien: In der Bundeshauptstadt kamen im September auf eine offene Lehrstelle als Kfz-Mechaniker 149 Menschen, die eine Lehrstelle als Mechaniker gesucht haben. Die meisten Unternehmen melden im Jänner und Februar ihre offenen Stellen, über das ganze Jahr gerechnet ist also der Andrang auch im Kfz-Sektor nicht so dramatisch, sagt Kopf. Im September sind aber viele der Plätze schon weg oder noch nicht ausgeschrieben. Statt einen Ausbildungsvertrag in der gewünschten Branche zu bekommen, landen Spätberufene oft in der überbetrieblichen Lehrausbildung. Diese wird im Auftrag des AMS außerhalb eines Betriebes durchgeführt. Der Appell von AMS-Chef Kopf lautet: "Früher melden".

Die Lücke in Tirol

Die überbetriebliche Lehre, die im vergangenen Jahr 9.000 Menschen österreichweit absolviert haben, steht derzeit selbst im Fokus. Die türkis-blaue Regierung will die Vermittlung der vom AMS betreuten Lehrlinge an klassische Lehrstellen in Betrieben forcieren, um damit dem Mangel an Lehrlingen am Markt entgegenzuwirken.

Doch wo genau herrscht überhaupt Mangel? Hier kommt die große Ost-West-Kluft ins Spiel. In Tirol, Salzburg, Oberösterreich, Teilen Kärntens und sogar Niederösterreichs und der Steiermark gibt es im Schnitt weniger als einen Bewerber pro offene Lehrstelle. Nur in wenigen Arbeitsmarktbezirken in Wien, in der nördlichen und östlichen Grenzregion Niederösterreichs sowie im Mittelburgenland fehlen Ausbildungsplätze im großen Stil.

Tourismus kommt schlecht weg

Dabei ist es in Teilen Westösterreichs gleichgültig, um welche Branche es sich handelt: An Lehrlingen fehlt es überall. In Tirol zum Beispiel herrscht im Tourismus ebenso wie am Bau, in der Landwirtschaft, im Handel und der Industrie Mangel. Im Osten gibt es Unterschiede: In Wien ist der Andrang von Lehrstellensuchenden in Branchen wie Kfz-Mechaniker, Tischler, Elektroinstallateur sehr konzentriert, während die Chancen in Nischenberufen (Glaser, Fleischer, Nahrungsmittelhersteller, Drogist) besser sind.

Österreichweit zeigt sich, dass der Tourismus ein eklatantes Imageproblem hat. In jedem Bundesland drängen im Vergleich nur wenige Menschen in eine Ausbildung als Koch oder als Restaurantfachmann.

2017 entfielen 34 Prozent aller offenen Lehrstellenberufe auf die Gastronomie, nur sieben Prozent aller Lehrstellensuchenden interessierten sich allerdings dafür. (András Szigetvari, 1.10.2018)