"Hey Weiba, aussa mit de Depf, heit gibt‘s Nudeln"

Der Ballermann-Hit der Schlagersängerin Hannah ließ diesen Sommer die virtuellen Wogen hochgehen. "Das absurd-sexistische Video […] lässt viele sprach- und ratlos zurück", konstatierte etwa das Magazin "Wienerin" in der Rubrik "Fail des Sommers". "Heute" ortete einen Shitstorm für "Nudel-Hannah", 34 Prozent aller 395 TeilnehmerInnen einer Umfrage in der "Heute" bewerteten das Lied hingegen mit "Super, traditionsreiches, österreichisches Liedgut!":

"Und wenn die Männer oamal später hoamkemman,
Dånn låssen mia deswegen sicher a nix ånbrennan.
Vergiss die Knödel und des Schnitzel und den Fisch,
A aufgwärmts Gulasch stellen mia a ned aufn Tisch!
Drum Weiba, kauft’s euch långe Nudeln,
Weil des Wåsser in de Depf, des muas sprudeln!"   

Das Bizarre daran: Recht haben sie alle, zumindest was die Verortung des Liedes als "traditionsreich" betrifft. Denn die kulinarische Sexualmetaphorik im deutschsprachigen Liedgut hat tatsächlich eine lange Tradition, möglicherweise länger, als manche der Umfrageteilnehmer ahnen.

Mein Herz schlägt Schlager

Das Prinzip ist nicht neu. Frauen, die mit phallischen Küchengerätschaften hantieren, stellen in der Populärkultur spätestens seit dem polnischen Eurovision Song Contest-Hit "My Słowianie – We Are Slavic" von Donatan & Cleo aus dem Jahr 2014 ein bekanntes Sujet dar.

Donatan & Cleo, deren leicht bekleidete Background-Tänzerinnen im Musikvideo mit Hingabe Butter stoßen ("Cream and butter taste so good / We will prepare for you delicious food"), haben sich diesen Topos nicht ausgedacht. Nein, auch Kelis‘ (Funfact: die übrigens ausgebildete Köchin ist) "Milkshake" ist zumindest in dieser Hinsicht nicht originell. Die Aufforderung Hannahs "Weiba, kauft’s euch långe Nudeln!" entspricht bei aller Frivolität und frauenfeindlicher Bildsprache ihren Vorbildern in der mittelhochdeutschen und frühneuhochdeutschen Literatur, im klassischen Volkslied und nicht zuletzt in volkstümlichen Schlagern.

Bildausschnitt aus Hannahs "Aussa mit de Depf".
Screenshot: Youtube
Bereits die Butterstampferinnen des polnischen ESC-Beitrages verwendeten dieselbe Bildsprache.
Screenshot: Youtube

Phallisches Essen: Wurzelgemüse ... kann Spuren von Nüssen enthalten

Wo Hannah heute von "langen Nudeln" singt, hatte die mittelalterliche Bildsprache freilich andere längliche Speisen parat, da cannelloniförmige Pasta im deutschsprachigen, mitteleuropäischen Hochmittelalter und in der Frühen Neuzeit noch kaum geläufig war – von einigen nudelförmigen Eierteig- und Spätzlerezepten einmal abgesehen. Doch Hannahs Botschaft bleibt dieselbe wie in wesentlich älteren Werken. Dabei war die Verteilung über die verschiedenen literarischen Gattungen recht gleichmäßig. Sexualisierte Speisen fanden sich nahezu überall – im Minnesang, im Artusroman, in bäuerlichen Wirtshausspielen, ja sogar in der so genannten Mystik, die die innige Gottesliebe zum Thema hatte und sich häufig durch das Verlangen ausdrückte, anstelle realer Nahrung nur noch den Geliebten (Gott) essen zu wollen sowie wiederum vom Geliebten verspeist zu werden – mit allen blutigen Details.

Besonders eindrücklich liest sich dieses sexuelle Assoziationspotential von Speisen beispielsweise in dem um 1410 entstandenen "Ring" Heinrich Wittenwilers, eines Juristen am Konstanzer Diözesangericht. Der "Ring" gilt heute als gleichermaßen prominentes wie polarisierendes Werk des deutschen Spätmittelalters. Er ist zugleich subtile Ständesatire, Parodie auf die rechte Hofhaltung, und "Anti-Gesundheitsratgeber", denn zahlreiche Passagen sind das genaue Gegenteil der klostermedizinischen Speise-Empfehlungen. Der "Ring" ist sowohl sinnbildliches Lehrwerk als auch vulgäre Bauerngroteske. Die im Folgenden zitierte Stelle sexualisiert nicht nur länglich geformte Nahrungsmittel (Wurzelgemüse), sie verwendet auch das häufig vertretene Bild der braunen Nuss ("nüssli") für die weibliche Scham.

Der Arzt Chrippenchra umwirbt derb die junge Mätzli Rüerenzumph (wörtlich "Rühr-den-Zumpf", ein sprechender Name), ein ausgesprochen hässliches Mädchen vom Land mit einem Buckel, schwarzen Zähnen, schmutzigen Händen, bleichen Lippen, einem Zopf "wie ein Mäuseschwanz" und einem Kropf, der ihr bis zum Bauch hängt. Chrippenchra tut dies, indem er Mätzli ordinäre Kulinarik-Metaphern ins Ohr säuselt:

"Mätzli Schwanzgrapscherin,
dein Name passt bestens zu meinem Stummel
und mein Stummel zu deiner Absicht." […]
Er säuselte: "Zeig doch dein Fötzchen ["nüssli"]
Mätzli! Steh doch, steh mein Schwänzchen, steh!
Der Stummel besteht aus Wurzeln,
einer langen und zwei kurzen.
Dabei wünsche ich,
dass du stillhältst
und dich nicht grämst.
Die Wurzel sollst du genießen."
     (Heinrich Wittenwîler – "Der Ring", V. 2117–2146
     Übersetzung: Werner Röcke)

Daraufhin antwortet Mätzli:

"Nun denn, bester Herr, dann soll es geschehen!",
sagte die Jungfrau gänzlich arglos.
Damit begann sie die Wurzeln
heftig und maßlos zu verschlingen. […]
Dann packte sie ihn an seiner Stange,
hielt ihn an seinen beiden Hoden fest
und sagte: "Die dürft Ihr mir nicht entziehen.
Ich möchte die Wurzel noch einmal haben."
Und so gab er ihr auf der Bank und im Stroh
seine Wurzeln.
Als sie auf den Geschmack gekommen war,
verlor sie die Besinnung.
Diese Pfefferbrühe war ihr zu ungewohnt.
     (Heinrich Wittenwîler – "Der Ring", V. 2149–2167
     Übersetzung: Werner Röcke)

Der Griff zur weiblichen Brust ist ein klassisches Sujet mittelalterlicher Illustrationen.
Scan: Universitätsbibliothek Heidelberg, CC-BY-SA

Religiöse Lehren als Ansporn für frivole Texte

Die mittelalterliche Sexualmetaphorik war überaus bilderreich und besonders kreativ im "Verwurschten" von Speisewörtern. Dies ist gerade vor dem Hintergrund der permanenten Mäßigungsbestrebungen in der zeitgenössischen christlichen Lehre interessant, wobei dabei sicher auch Evas "kulinarische" Sünde der verbotenen Frucht mitschwang. Die abendländisch-christliche Erziehungslehre, die besonders in den Klosterschulen vermittelt wurde, regulierte den Sexualtrieb durch strenge Körperdisziplin in Form von Askese und Hunger – zumindest in der Theorie. Es verwundert nicht, dass gerade die Kunst ein Ventil darstellte, um aus dieser Reglementierung der menschlichen Triebe auszubrechen. So spielte die mittelalterliche Literatur häufig mit den Bildern erblühender Vegetation oder reifer, praller, süßer Früchte, die meistens mit dem weiblichen Geschlecht assoziiert wurden. Fast alle Früchte galten als weiblich, ausgenommen sind phallisch geformte.

Die (essbare) Wurzel als Bild für den Phallus, das der Arzt Chrippenchra im "Ring" gebraucht, ist keine ungewöhnliche Sexualmetapher für die spätmittelalterliche Literatur. Auch wurden Wörter, die die Nahrungsaufnahme bezeichnen ("essen", "genießen", "Beeren pflücken", "in die Haseln gehen", "Birnen essen" oder "den Roggen reiben") häufig für die Andeutung des Geschlechtsaktes verwendet. Das ist heute nicht anders: Umgangssprachlich "budern" (österreichisch für "buttern"), "jemanden vernaschen" oder "den Lachs buttern" (Norddeutschland) sind nur drei Beispiele für moderne Sexual-Sprachbilder mit kulinarischem Vokabular. Ungezügelten sexuellen Appetit nannte man im Mittelalter "Nachthunger", "Leckerheit" oder "Gusto" (mittelhochdeutsch "smak"); sexuell anregende Situationen konnten auch schon im mittelhochdeutschen Sprachgebrauch "lecker" oder "geil" (ursprünglich von mittelhochdeutsch "gel", neuhochdeutsch "gelb", der Farbe von Fett in besonders reichhaltigen Speisen) sein.

Die Zweideutigkeit von Nüssen und Rüben

Die ebenfalls im "Ring" aufgegriffenen braunen Nussfrüchte wie Haselnüsse, Walnüsse oder Maroni standen stellvertretend für die weibliche Scham. Auch in der Lyrik Neidharts, eines Liedersängers aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts, wurden "braune Nüsse miteinander gegessen", was als Austausch sexueller Gefälligkeiten gelesen werden kann. Neidhart war damit nicht alleine. Das Nuss-Bild wurde oft verwendet, etwa von einem Dichter namens Der Taler, aber auch in anonym überlieferten Liedhandschriften. "'Nüsse knacken' ist schon in alter Zeit ein Euphemismus für 'ein Weib beschlafen'", schrieb schon Aigremont, ein Spezialist für Volkserotik. Dies soll unter anderem mit dem Bild einer "zu öffnende[n] Fruchtschale bei Weib wie bei Tier" zu erklären sein. In der Jägersprache bezeichnet man das weibliche Geschlechtsteil von Dächsin, Hündin, Füchsin, Wölfin, weiblichem Iltis und Marder übrigens noch heute als "Nuss".

Der in mittelalterlicher Lyrik aufgemachte und jahrhundertelang weitertransportierte Deutungsrahmen legt auch bei einschlägigen Textpassagen aus Volksliedern eine erotische Lesart von Rüben nahe, wenngleich natürlich gerade die Mehrdeutigkeit, die eine unverfängliche ebenso wie eine "schmutzige" Interpretation der Lieder erlaubt, den doppelbödigen Witz der Dichtung überhaupt erst ausmacht.

Rüben werden jedenfalls gemäß Aigremont "von altersher mit dem männlichen Gliede verglichen". "Heutzutage [=1907-1910, Anmerkung der Verfasser] wird noch in der Volkssprache der penis 'Rübe' genannt."  Zur Illustration sei ein im 19. Jahrhundert populärer zweideutiger Volksreim zur Rübe ('Ripfel/Rippen') genannt, der in mehreren Sprachregionen überliefert ist:

Hochdeutsch:
Ri Ra Ripfel,
Gelb ist der Zipfel,
Schwarz ist das Loch,
Wo man die Ri Ra Ripfel drin kocht.

Aus dem Elsass:
Rira Ripfel, Gäl isch d‘r Zipfel; Schwarz isch das Loch, Wo m‘r de Rira Ripfel drin kocht!

Aus der Schweiz:
Ri-ra-Ripfel, grüen ist der Zipfel, schwarz ist das Loch, wo der Ri-ra-Ripfel drin hockt

Aus Oberösterreich:
Eier, rei, rippen, Wie gelb ist die Pippen,
Wie schwarz ist der Sack, Wo die Eier, rei rippen
Sein‘ Pippen drin hat.

Rundes Obst: Äpfel mit Birnen vergleichen

Das poetische Begriffsfeld der Feld- und Baumfrüchte war auch besonders ergiebig bei der Beschreibung weiblicher Brüste. Ebenfalls bei Neidhart bietet etwa eine lüsterne Frau ihre "teigigen Birnen" an, noch häufiger war allerdings der Vergleich kleiner, fester Birnen mit der wohlgeformten Frauenbrust:

Nie sah jemand ein lieblicheres Mädchen –
ich vermag das gar nicht so schön zu schildern:
weiße Brüstlein birnengleich gerundet,
mit denen sie prachtvoll einherstolziert
     (Lyrik von Oswald von Wolkenstein, V. 46,1,6-9             
     Übersetzung: Wernfried Hofmeister)

Ganz zart und hell
hat mein besonders liebes Mädel
zwei Tittchen wie zwei runde Birnen.
     (Lyrik vom Mönch von Salzburg, V.17,2,13-15             
     Übersetzung: K. Zeppezauer-Wachauer)

Analog zum prominenten Birnen-Brüste-Vergleich gab es auch das sprachliche Bild eines Äpfel-Brüste-Vergleichs, das sehr ähnlich aufgebaut war und ebenfalls in Minnesang und gehobenem Roman dominierte:

Ihre Brüste waren rund gedreht
wie zwei Kügelchen.
Sie zeichneten sich 
durch den Stoff der kaiserlichen Kleidung ab,
als ob zwei wunderbare Äpfel
hineingesteckt worden wären.
     (Konrad von Würzburg – "Trojanischer Krieg", V. 20214-20219
     Übersetzung: K. Zeppezauer-Wachauer)

Wandteppich Apfelernte; Bildschrift: Jungfrau fein ist das Äpfelchen mein.
Foto: Pierre-Yves Gabus

Neben diesen direkten Bildvergleichen, die meist in der Liebesdichtung und im höfischen Roman vorkamen, gab es auch abstraktere Metaphern. So etwa die kuriose Darstellung einer Frau in einem Fastnachtspiel, die im "Ofen unter ihrem Hemd" besonders köstliche Birnen brät, die hier natürlich auch als das männliche Geschlecht interpretiert werden könnten:

Da hatte ein Bauer eine hübsche Dienstmagd,
die briet die allerbesten Birnen
im Öfelchen unter ihrem Hemd.
     (Fastnachtspiel, K 9, S, 93, V. 29-31           
     Übersetzung: K. Zeppezauer-Wachauer)

Als Fastnachtspiele bezeichnet man in der Literaturwissenschaft komische, oftmals derbe Stücke, die im 15. und 16. Jahrhundert in der Nacht von Faschingsdienstag auf Aschermittwoch meist in Wirtshäusern aufgeführt wurden – also vor dem Beginn der Fastenzeit. Sie waren die ersten weltlichen Theaterstücke in Deutschland und zeichneten sich durch besonders vulgäre Sprache aus (Sexwitze, aber zum Beispiel auch Scherze zu verschiedenen Körperausscheidungen, Gewaltfantasien et cetera).

Die noch heute übliche Beschreibungsformel der apfel- oder birnenförmigen Brust wird nicht selten um das Bild kreideweißer, von der Sonne verschonter Haut ergänzt. Je heller die Haut, desto weniger körperlicher Arbeit war ein Frauenkörper augenscheinlich ausgesetzt – und desto hochrangiger war dieser Logik entsprechend die Edeldame auch:

Eine wonnigliche Gabelung,
darüber ein fester Stamm,
der zwei volle Birnen trägt:
Überaus lieblich sind sie beschaffen,
weiß und frisch, wo immer man sie anfasst.
Wäre ich ein kleines Kindlein […]
und könnte an einer der Birnen
als meiner Nahrung saugen –
ich würde niemals greise!
     (Lyrik von Oswald von Wolkenstein, V. 66,3,1-10
     Übersetzung: Wernfried Hofmeister)

Derlei Obst-Metaphorik hat sich lange Zeit nahezu unverändert bewahrt. Goethe schrieb im frühen 19. Jahrhundert in seinem "Faust I" einen Dialog, der genauso gut von Oswald von Wolkenstein stammen könnte:

Faust (mit der Jungen tanzend):
     Einst hatt ich einen schönen Traum
     Da sah ich einen Apfelbaum,
     Zwei schöne Äpfel glänzten dran,
     Sie reizten mich, ich stieg hinan.
Die Schöne:
     Der Äpfelchen begehrt ihr sehr,
     Und schon vom Paradiese her.
     Von Freuden fühl ich mich bewegt,
     Daß auch mein Garten solche trägt.

Zweideutiger Küchenhumor

Der für das Mittelalter gar nicht ungewöhnliche derbe Humor ist sogar in Kochrezepten zu finden. Neben einigen wenigen wirklichen Scherzrezepten, die Sprache, Zutaten und Wortlaut der Kochrezepte humorvoll verfremden, gibt es ein paar Rezeptbezeichungen wie zum Beispiel die "Hosenträgersülze" (die Sülze wird aus feinen Streifen Rehhaut gekocht), die den mittelalterlichen Witz widerspiegeln. Sexuell konnotiert, wie die "Depf" der Schlagersängerin Hannah, ist auch die Bezeichung eines Rezepts mit dem Namen "Frauenessen": "Willst du ein 'Frauenessen' kochen, so siede das Euter einer Kuh …"

Ignoriert man den zweifelhaften Scherz, der dem plumpen Humor aus der so genannten "schöngeistigen" Literatur um nichts nachsteht, liest man eine Zubereitungsanleitung, die aber durchaus ernst zu nehmen ist:

"Willst du ein Frauenessen machen, so koche das Euter einer Kuh, aber in nicht zu viel Brühe, und nimm dann die Hälfte derselben Brühe und nimm zwei Schnitten weißen Brots und bähe diese auf einem Rost und streiche sie mit drei Eierdottern und mit der Brühe durch ein Tuch und schneide das Euter in Schnitten und röste es auf einem Rost und schneide dieses in die Brühe, in der es gekocht worden war und nimm ein Schüsselchen und tue dann Ingwer und Safran dazu. Und wenn es dann die richtige Dünnflüssigkeit erreicht hat, dann ist es gut."
             (Übersetzt nach der Edition Ehlert 1999 von Helmut W. Klug)

Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts bringt Katharina Prato in ihrer Süddeutschen Küche eine Reihe von Euter-Rezepten: gebraten, gebacken, mit Sauce, gefüllt. Bis in die 1960er-Jahre war Kuh-Euter in Österreich und Deutschland ein typisches Arme-Leute-Essen: Es wurde ganz nach dem mittelalterlichen Rezept lange weichgekocht und dann als Schnitzel serviert. Auch heute noch wird Euter von Innereien-Liebhaberinnen und Liebhabern traditioneller Kochkunst als Delikatesse geschätzt und gilt besonders in der bayerischen (Schnitzel) und asiatischen Küche (Eintopf) als exklusive Spezialität.

Sexuell unterschwelliger Humor ist zeitlos

Sprachbilder, die oft zweifelhafte sexuelle Metaphern verschleierten, gaben Künstlerinnen und Künstlern jahrhundertelang die Möglichkeit, verbotene Gedanken und unterdrückte Triebe der sexuellen Erfüllung überhaupt erst auszusprechen. Heimliche Gelüste konnten mit diesem Stilmittel maskiert werden, obszöne Inhalte wurden als unverfängliche Naturmotivik bemäntelt und dadurch gesellschaftsfähig gemacht. Dass die "pikanten" Motive, die "deftigen" Bilder und die "scharfe" Sprache vergleichsweise weit zurückreichen, ist unbestritten: Etwas Verbotenes oder Anstößiges für ein breites Publikum mehr oder weniger geschickt in blumige Metaphern zu verpacken, hat seinen Reiz für Künstler über die Jahrhunderte nicht verloren – und diese Metaphern treffen noch immer den Geschmack des Publikums. Außer dass andere Speisen im Trend liegen, hat sich anscheinend nicht viel verändert.
(Katharaina Zeppezauer-Wachauer, Helmut W. Klug, 10.10.2018)

Literaturhinweise

  • Aigremont: Volkserotik und Pflanzenwelt. Eine Darstellung alter wie moderner erotischer und sexueller Gebräuche, Vergleiche, Benennungen, Sprichwörter, Redewendungen, Rätsel, Volkslieder erotischen Zaubers und Aberglaubens, sexueller Heilkunde, die sich auf Pflanzen beziehen. 2 Bde. 2. Aufl., Berlin: Express-Ed., 1997.
  • Konrad von Würzburg: Der Trojanische Krieg . Hrsg. von Keller, Adelbert von. Stuttgart 1858.
  • Klein, Karl Kurt; Moser, Hans; Wolf, Norbert Richard et al. (Hrsg.): Die Lieder Oswalds von Wolkenstein.Tübingen: Niemeyer, 1987.
  • Hagen, Friedrich Heinrich von der u. Büsching, Johann Gustav Gottlieb (Hrsg.): Deutsche Gedichte des Mittelalters. Bd. 1. Berlin: 1808.
  • Hofmeister, Wernfried (Hrsg.): Oswald von Wolkenstein: Das poetische Werk. Berlin, New York: 2011.
  • Keller, Adelbert von (Hrsg.): Fastnachtspiele aus dem fünfzehnten Jahrhundert. Stuttgart: 1853-1858.
  • Münchner Kochbuchhandschriften aus dem 15. Jahrhundert. Hrsg. v. Ehlert, Trude. Ohne Ort 1999.
  • Röcke, Werner (Hrsg.): Heinrich Wittenwiler: Der Ring. Berlin: 2012.
  • Spechtler, Franz Viktor u. Aigner, Christoph Wilhelm (Hrsg.): Der Mönch von Salzburg: Die weltliche Dichtung. Salzburg, Wien: 1995.
  • Wittenwiler, Heinrich: Der Ring. Hrsg. von Wießner, Edmund. Darmstadt: 1964.

Weitere Beiträge im Blog