Beobachtungen mit dem Muse-Spektrographen am Very Large Telescope der ESO zeigen riesige kosmische Reservoirs von atomarem Wasserstoff, die ferne Galaxien umgeben.

Foto: ESO/ Lutz Wisotzki et al.

Als das Licht, das uns aus weit entfernten Galaxien erreicht, auf ihre lange Reise geschickt wurde, war das Universum viele Milliarden Jahre jünger als heute. Allein die weltweit größten Teleskope können so weit in die Vergangenheit blicken und noch etwas erkennen. Einem internationalen Astronomenteam ist es nun gelungen, mit einem solchen Instrument, dem Muse (Multi-unit spectroscopic explorer) am Very Large Telescope (VLT) der Europäischen Südsternwarte in Chile, riesige kosmische Reservoirs von atomarem Wasserstoff rund um ferne Galaxien zu beobachten.

Anhand des vom Wasserstoff erzeugten Lichts, die so genannte Lyman-Alpha-Spektrallinie, konnte das Forscherteam nachweisen, dass der Wasserstoff nicht nur wie erwartet innerhalb der Galaxien zu finden ist, sondern dass diese auch von sehr weit ausgedehnten Wasserstoffhüllen umgeben sind. Zwar ist die nachgewiesene Strahlung äußerst lichtschwach, sie zeigt aber, dass fast der ganze Nachthimmel unbemerkt glüht.

"Augenöffnende Überraschung"

"Zu erkennen, dass der ganze Himmel bei der Beobachtung der Lyman-Alpha-Strahlung aus fernen Wasserstoffwolken optisch leuchtet, war eine buchstäblich augenöffnende Überraschung", erklärt Koautor Kasper Borello Schmidt vom Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP). Die beobachtete Region ist ein ansonsten unauffälliges Gebiet im Sternbild Fornax ("der Ofen"). Im Jahr 2004 wurde sie erstmals vom Hubble-Weltraumteleskop durchmustert.

Die damaligen Beobachtungen enthüllten Tausende von Galaxien, die über einen dunklen Himmel verstreut sind und eine beeindruckende Sicht auf die Weite des Universums geben. Dank Muse war nun ein noch genauerer Blick in diese Region möglich. Die in der Fachzeitschrift "Nature" veröffentlichte Untersuchung zeigt zum ersten Mal, wie dieses "kosmische Glimmen" aus den Gashüllen der frühesten Galaxien im Licht der Lyman-Alpha-Strahlung verteilt ist.

"Mit den Muse-Beobachtungen erhalten wir eine völlig neue Sichtweise auf die diffusen Gaskokons, die Galaxien im frühen Universum umgeben", kommentiert Philipp Richter von der Universität Potsdam, Co-Autor der Studie.

Woher kommt das Leuchten?

Lyman-alpha-Emission entsteht, wenn im Wasserstoffatom Elektronen zwischen zwei Energiezuständen wechseln. Dabei senden die Atome UV-Strahlung aus. Die Rotverschiebung der beobachteten Objekte lässt diese Emission für uns im sichtbaren Spektralbereich erscheinen. Der genaue Mechanismus für die notwendige Anregung der Wasserstoffwolken ist allerdings noch ein Rätsel.

Ein paar Ideen haben die Wissenschafter aber schon: Eine Ursache könnte demnach die Streuung von energiereichen Photonen von heißen Sternen sein. Allerdings könnten auch andere Vorgänge – oder eine Mischung davon – für die Lyman-alpha-Strahlung verantwortlich sein. Da dieses schwache universale Glühen jedoch am Nachthimmel als allgegenwärtig erachtet wird, ist zu erwarten, dass zukünftige Forschungen Aufschluss über seine Herkunft geben werden.

"Wir planen in Zukunft die Durchführung erheblich empfindlicherer Messungen", mein Teamleiter Lutz Wisotzki. "Wir wollen herausfinden, welche Rolle die riesigen kosmischen Reservoirs atomaren Wasserstoffs im Weltraum für die Entstehung und Entwicklung von Galaxien, auch unserer eigenen Milchstraße, spielen." (red, 2.10.2018)