Porr-Chef Karl-Heinz Strauss setzt auf die triale Ausbildung: Berufsschule, Lehre und unternehmensinterne Weiterbildung.

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Wien – Der Baufirma Porr geht es gut, die Auftragsbücher sind mit sechs Milliarden Euro voll, und seit dem Jahr 2010 wurde die Zahl der Konzernmitarbeiter auf 20.000 verdoppelt, berichtete Porr-Chef und Miteigentümer Karl-Heinz Strauss am Dienstag vor Journalisten. Die Porr ist das älteste an der Wiener Börse notierende Unternehmen und feiert nächstes Jahr ihr 150-jähriges Bestehen.

Mitentscheidend für diese Entwicklung waren auch die Mitarbeiter, die im Schnitt noch immer eine Zugehörigkeit von knapp 20 Jahren im Unternehmen aufweisen. Nun gehe es darum, die Kultur anzupassen, Hierarchien herauszunehmen und einen Generationswechsel vorzubereiten, so Strauss.

In Österreich sind aktuell 182 Stellen ausgeschrieben. In Deutschland, der Slowakei und der Schweiz sind es derzeit insgesamt 100 Stellen. Über 300 Lehrlinge befänden sich hierzulande im Unternehmen, eine zweistellige Zahl davon Flüchtlinge. Sehr gute Erfahrung habe man mit Afghanen gemacht, die sehr rasch Deutsch lernen und sich gut integrieren würden. Strauss wünscht sich von der Politik auch rasch eine gesetzliche Lösung, damit Flüchtlinge in Ausbildung, die sich bewährt hätten, nicht abgeschoben werden. "Wenn jemand seine Lehre gut macht, seine Leistung bringt, dann sollte er auch in Österreich bleiben dürfen", fordert Strauss.

Ausbildungscampus

Unverzichtbar sei die "sehr enge Zusammenarbeit mit dem Arbeitsmarktservice AMS". Die Schulungsmaßnahmen seien sehr wirksam. Aber, so der Porr-Chef: "Jobs und Ausbildung sind auch eine Holschuld." Es werde viel angeboten, die Betroffenen müssten es aber auch wollen. Akquiriert werden die Mitarbeiter überall, auf Fachhochschulen, Unis, HTLs et cetera.

Um neue, qualifizierte Mitarbeiter zu bekommen, werde viel getan: Fünf Millionen Euro wurden in einen Ausbildungscampus in Wien-Simmering investiert, wo zusätzlich zur dualen Lehrausbildung auch intern für die Aus- und Weiterbildung sehr viel unternommen werde, inklusive Wohnmöglichkeiten am Campus und Sportangeboten.

Für jeden Mitarbeiter gebe es einen "Digipass", wo dieser, aber auch dessen Vorgesetzter definieren müsse, welche Weiterbildungsmaßnahmen gesetzt werden. Im Vorjahr wurde Porr Care Plus gemeinsam mit der Wiener Städtischen Versicherung ins Leben gerufen. Die Mitarbeiter und die Porr zahlen monatlich fünf Euro in die Versicherung ein und bekommen bei einem Unfall oder Notfall 20.000 Euro als Soforthilfe überwiesen (etwa für einen externen Pfleger), noch bevor öffentliche Hilfestellungen greifen.

Abenteuerurlaub für Kinder

Beim Nachwuchs setzte man sehr stark auf Frauen: Neben Homeoffice gebe es im Notfall auch die Möglichkeit, das Kind mit ins Büro zu nehmen (wird dann in einem eigenen Bereich versorgt). Heuer wurde am Millstätter See ein Abenteuercamp für Kinder von Porr-Mitarbeitern organisiert.

Strauss zufolge wird die Bauindustrie heute besser wahrgenommen, was der Porr-Chef auf die zunehmenden Digitalisierung zurückführt – im Unternehmen werde das papierlose Büro praktiziert. Der Bauberuf sei heute eine Mischung aus digital und Realität. Am Vormittag werde die Arbeit am Computer skizziert, später in der Praxis umgesetzt.

Krankenhaus Nord

Scharfe Worte findet der Porr-Chef für die Planer des Wiener Krankenhauses Nord. Ohne die Porr hätte es den Rohbau in der Qualität nicht gegeben, sagt Strauss. Es habe Planungs- und Steuerungsmängel gegeben. "Aus juristischen Gründen hat man eine Fassadenbaufirma genommen, statt sie rauszuschmeißen, was zu einer Verzögerungen führte", so der Porr-Chef. "Juristen haben auf einer Baustelle nichts verloren." Auf eine Baustelle gehöre ein kundiger Bauherr, ein Generalunternehmer, ein Budget und eine ordentliche Planung.

Sozialer Wohnbau

Bei der neuen Flächenwidmung "geförderter Wohnbau" in Wien prophezeit Strauss "Schwierigkeiten", weil sich dadurch an den (hohen) Bau- und Gestehungskosten nichts ändere. Strauss plädiert für den Bau von Gemeindewohnungen, "das wäre ein taugliches Mittel, um leistbares Wohnen zu ermöglichen".

Zu den Heimmärkten zählt die Porr neben Österreich Deutschland, Polen und Tschechien. In Katar habe man sich entschlossen zu bleiben – trotz der wirtschaftlichen Isolation. Wenn man etwas aus Saudi-Arabien brauche, werde das eben über den Oman nach Katar geliefert, schildert Strauss. Den Umsatz in Katar beziffert er aktuell mit rund 250 Millionen Euro.

In Norwegen sei die Porr "ein geduldetes Unternehmen". Schwierig sei hier der Umstand, dass auf den Baustellen nur Norwegisch gesprochen werden dürfe. (cr, 2.10.2018)