STANDARD: Ihre überraschendsten Erkenntnisse über den Wert der österreichischen Bundesländer?

Settele: Erstens hätte ich nie gedacht, dass man den Bundesländern wirklich Preispickerl geben kann, dass der Wert überhaupt in Zahlen gemessen werden kann. Zweitens hat mich überrascht, wie sehr die Frage emotionalisiert. Es gab Leute, die Wien nicht nennen wollten, da kriege ich die schlimmste Nachrede. Diese spezielle Interaktion zwischen den Bundesländern war mir so nicht bekannt.

Foto: ORF/Günther Pichlkostner

STANDARD: Was können Sie über die Berechnungsmethode sagen?

Settele: Die Werte wurden erhoben – Immobilien, Unternehmen undsoweiter. In der Steiermark wurden fünf Prozent Rendite angesetzt. .. wollte errechnen, wieviel die Börse für das Bundesland bezahlen wollte. Menschen sind nicht mitgerechnet. Der statistische Wert eines Menschen liegt bei 1,7 Millionen Euro, das ist aber eher ein versicherungstechnischer Wert.

Foto: ORF/Günther Pichlkostner

STANDARD: In der ersten Folge ließ sich doch ein alt bekanntes Vorurteil bestätigen, dass nämlich die Steirer gut auf die Kärntner verzichten könnten.

Settele: Wie lang hat das ganze Land Burgenländer-Witze gemacht. Die Vorarlberger versteht man nicht, und die wollen eh zur Schweiz. Mit diesen Dingen versuche ich mich in der Sendung ein bisschen zu spielen. Mich hat auch überrascht, wie unterschiedlich die Bundesländer in sich sind. Mit einem Innviertler musst du nicht übers Mühlviertel streiten wollen, was schöner ist. Tirol Oberland und Unterland – die haben sich was auszurichten. Das alles wusste ich nicht.

Foto: ORF/Günther Pichlkostner

STANDARD: Und individuelle Werte? Achtung, Ironie: Gab’s Abzüge für den steirischen Dialekt?

Settele: Wir hatten die Idee, dass ich in Salzburg für die Touristen aus aller Welt amateurhaft Sound of Music singen soll. Der Kaiser sagt dann: Seyffenstein, er soll sofort aufhören, das kostet uns Milliarden! Nein, wir gingen streng mathematisch vor. Die Burgenländer zum Beispiel sind die schwersten Menschen Österreichs, und auch jene mit dem höchsten Alkoholkonsum Gleichzeitig erfreuen sie sich aber der höchsten Lebenserwartung im ganzen Land. Grandios, oder?

STANDARD: ORF 1 will das jüngere Publikum ansprechen, und Sie sind mit Dokeins das Gesicht der ORF-1-Info. Was glauben Sie, wie lange Sie sich mit 54 Jahren noch halten können?

Settele: Nicht mehr lang. Die genauen Pläne der Channelmanager Lisa Totzauer kenne ich nicht, aber die Biologie schreitet voran, und irgendwann geht das nicht mehr. Ich bilde mir ein, dass mich durchaus auch ein paar jüngere Menschen erkennen, aber es ist auch völlig logisch: Genauso wie du auf ORF 2 keinen 20-Jährigen in Badehosen hinstellst.

Foto: ORF/Günther Pichlkostner

STANDARD: Loslassen bereitet Ihnen kein Problem?

Settele: Ich kann es nicht ändern. Ich habe keine Jungbrunnen-Pille erfunden. Außerdem soll es Gerüchte geben, dass es einen anderen Sender auch noch gibt im ORF. Wobei es meiner Meinung nach zu kurz greift, in der Struktur von ORF 1 und ORF 2 nur auf die Alterskurve zu schauen. Das löst sich auf.

STANDARD: Im Fall der "Kurier des Kaisers" mussten Sie schauspielerisches Talent beweisen. Wie ging es Ihnen damit?

Settele: Es war leicht, weil es geheißen hat, bleib du selber. Es war aber nicht so leicht, weil die zwei Typen, nämlich als Kaiser und Adjutant voll in der Rolle sind, und da läuft man Gefahr, mitspielen zu wollen. Das sollte man aber nicht, weil es sind die besseren Schauspieler. Andererseits kann ich da als Journalist nicht zu hundert Prozent seriös bleiben, weil das auch nicht dazu gepasst hätte. So musste ich einen Weg finden, wie ich mitspielen kann. Ich beschloss, mich nicht zu verbiegen und mir zu sagen: Na gut, dann machen wir halt.

Foto: ORF/Günther Pichlkostner

STANDARD: Sie sind ein fleißiger Twitterant: Wie wichtig sind Ihnen Follower?

Settele: Ich fing damit in Amerika vor ungefähr zehn Jahren an. Ursprünglich habe ich es als Austauschplattform verstanden – jemand liest etwas und schickt es weiter, schau dir das an, das ist interessant. Oder ich lese etwas und möchte andere darauf aufmerksam machen. Mittlerweile ist es zumindest in Österreich zu einem Kolosseum verkommen, wo man Schaukämpfe in unserer Zunft ausführt. Den ganz großen Wert, den ich dem ganzen einmal zugeschrieben habe, sehe ich jetzt nicht mehr. Weil Sie mich vorher nach Schauspiel gefragt haben: Da drinnen wird schaugespielt.

STANDARD: Und Sie gefallen sich in der Rolle des ruppigen Gladiators?

Settele: Nein, nein. Dieses gegenseitige Bespiegeln – wie gut bin ich, ich bin besser, das habe ich doch schon vor vier Wochen geschrieben, und wie ich schon in einem Kommentar 2007 bemerkt habe – langweilt mich endlos. Und ärgert mich gleichzeitig saftig. Mir kommt vor, die laufen alle in einem Spiegelkabinett herum. Rund um sich herum: Oh, was bin ich schön! Oh, bin ich toll! Niemand ist vor Eitelkeit gefeit, aber, Kinder, könnt ihr euch vielleicht ein bisschen zurück nehmen? Früher habe ich mir das auch alles angehört, heute geht das bei mir dreistufig: Zuerst ignorieren, dann stummschalten, und wenn es gar nicht geht: Blockieren.

Foto: ORF/Günther Pichlkostner

STANDARD: Das heißt, Sie würden sich als uneitel bezeichnen?

Settele: Fangfrage! Natürlich nicht. Eitel im Sinne von "Man kann den Stein auch von einer anderen Seite anschauen." Völlig uneitel bin ich im Sinn von "Wie toll bin ich!".

STANDARD: Und wo sehen Sie sich in fünf Jahren?

Settele: Im ORF. Ich hoffe nicht, nur weil ich zugenommen habe und mir die Haare ausgehen, dass man mir gleich den Job kündigt.

STANDARD: Auf welches Bundesland würden Sie verzichten können?

Settele: Da habe ich mir eine Antwort zurecht gelegt: Das muss der Kaiser entscheiden, ich bin nur der Kurier. (Doris Priesching, 3.10.2018)