Sergej Skripal – hier auf einem älteren Foto – und seine Tochter Julia waren am 4. März in der südenglischen Kleinstadt Salisbury bewusstlos auf einer Parkbank entdeckt worden. Sie wurden mit dem Nervengift Nowitschok vergiftet. Großbritannien macht Russland für den Angriff verantwortlich.

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London – Der im März vergiftete russische Ex-Spion Sergej Skripal konnte kaum glauben, was er nach dem Aufwachen aus dem fünfwöchigen Koma hörte: Russland stecke hinter der Vergiftung mit Nowitschok, die ihn und seine Tochter Julia fast getötet hat. Skripal habe das zunächst nicht hören wollen. Das berichtet BBC-Journalist Mark Urban in einem neuen Buch über die Causa, das diese Woche erscheint.

Angst, aber auch Respekt für Putin

Skripal hatte laut dem Autor, der den ehemaligen Spion schon vor der Vergiftung zu Interviews traf, ein ambivalentes Verhältnis zu seiner Heimat. Obwohl er seit mehreren Jahren mit dem britischen Geheimdienst MI6 kooperierte, sei er ein "ungenierter russischer Nationalist", schreibt Urban.

Skripal habe bei den Meetings im Sommer 2017 darum gebeten, nicht namentlich zitiert zu werden. Er habe angegeben, Angst vor Putin zu haben, allerdings habe Skripal nicht geglaubt, tatsächlich persönlich angegriffen zu werden. Außerdem habe er auch anonym bleiben wollen, damit er seine beiden Kinder – Julia und Sascha – weiterhin in Moskau besuchen konnte.

Skripal habe sehr gerne einen regierungsfreundlichen russischen TV-Sender geschaut. Er habe die Haltung der Regierung in vielen Punkten unterstützt, schreibt der Journalist. So habe er die Annexion der Krim für gut und richtig gehalten und Ukrainer als Schafe bezeichnet, die nur einen guten Hirten brauchen.

Einblicke in das Leben als Doppelagent

Das Buch liefert keine Antwort darauf, warum der russische Geheimdienst Skripal und seine Tochter vergiftet hat. Eine Gruppe von Investigativjournalisten will mittlerweile bekanntlich die wahre Identität eines der mutmaßlichen Skripal-Attentäter enthüllt haben. Anatoli Tschepiga und Alexander Petrow – die beiden Männer wurden international zur Fahndung ausgeschrieben – traten im russischen Fernsehen auf und gaben an, als Touristen nach Salisbury gereist zu sein. Laut britischen Behörden soll es sich bei den beiden aber um hochrangige russische Offiziere handeln.

Russlands Politiker betonen wiederholt, dass es keine Beweise für eine Verstrickung Moskaus in den Fall gebe. Der Vorfall führte zu einer schweren Krise zwischen Großbritannien und Russland. Beide Seiten veranlassten die Ausweisung dutzender Diplomaten. Auch die USA und zahlreiche EU-Staaten zogen mit – Österreich nicht.

Im neuen Skripal-Buch – es heißt "The Skripal Files" – geht Urban nicht nur auf die Vergiftung ein, sondern auch auf die Karriere Skripals als Spion. Es werden Details zu seiner Anwerbung beschrieben und wie er für MI6 gearbeitet hat. (lhag, 2.10.2018)