Die Affäre rund um Liederbücher mit antisemitischen Texten hat den niederösterreichischen Wahlkampf überschattet.

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Der Generalsekretär im Innenministerium, Peter Goldgruber, wollte in Erfahrung bringen, gegen welche Burschenschaften das Bundesamt für Verfassungsschutz ermittelt hat. Das berichtet der "Falter" unter Berufung auf interne Akten, deren Authentizität dem STANDARD von mehreren mit der Materie vertrauten Abgeordneten bestätigt wurde. Die Anfrage Goldgrubers beim Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) wurde offenbar nur knapp beantwortet. Sybille G., Leiterin des Extremismusreferats, antwortete lediglich, dass verdeckte Ermittler in neonazistischen Kreisen zum Einsatz kämen; Namen wurden dem Generalsekretär nicht übermittelt.

Der Vorfall trug sich nur wenige Tage nach der niederösterreichischen Landtagswahl zu, die von der "Liederbuch-Affäre" rund um die Burschenschaft Germania zu Wiener Neustadt überschattet worden war. Deren Obmann Udo Landbauer war nach dem Auftauchen von Liederbüchern mit Holocaust-verherrlichenden Textzeilen als Spitzenkandidat der FPÖ zurückgetreten, mittlerweile ist er wieder als Klubobmann zurückgekehrt.

Razzia erscheint in neuem Licht

Zu den Abgeordneten, die mit ihm als Klubobmann arbeiten, gehört auch Reinhard Teufel, der wiederum Kabinettschef von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) ist. Seit der Razzia beim Verfassungsschutz halten sich Vermutungen, dass freiheitliche Kreise dort Material über Rechtsextremismus erlangen wollten. Das wird vom Innenministerium strikt dementiert.

Als Indizien gesehen werden etwa die Beauftragung der Polizeieinheit EGS, deren Leiter Wolfgang Preiszler FPÖ-Gemeinderat ist, sowie die intensive Sicherstellung von Dokumenten bei Referatsleiterin G., die nur Zeugin ist.

Goldgruber wollte laut einem Aktenvermerk, den BVT-Chef Peter Gridling anlegte, unter anderem wissen, bei welchen Burschenschaften verdeckte Ermittler im Einsatz sind und welche Maßnahmen es seit dem letzten Rechtsextremismusbericht im Zusammenhang mit Vereinsauflösungen gegeben hat. Aus dem Innenministerium heißt es, Goldgrubers Anfrage sei erfolgt, um sich auf eine Sitzung des Nationalen Sicherheitsrats vorzubereiten, den die SPÖ zum Thema Rechtsradikalismus einberufen hatte. Eine Ausspähung der Ermittlungsmethoden des BVT wird strikt bestritten.

Reaktionen

Das Innenministerium weist die Darstellung von "Falter"-Chefredakteur Florian Klenk zurück. Klenk hat via Twitter behauptet, im Besitz von Akten zu sein, die "zeigen, wie sich Kickls General Goldgruber Kenntnis davon verschaffen wollte, welche verdeckten Ermittler es bei Burschenschaften gibt. Als Kickls Team keine detaillierte Auskunft bekam, kam es zur Razzia bei Chefermittlerin Sibylle G." In der Aussendung des Innenministeriums heißt es dazu: "Im Zuge der 'Falter'-Recherche erfolgte leider keine Kontaktaufnahme mit BMI-Generalsekretär Peter Goldgruber." Klenk selbst behauptet, sehr wohl eine Interviewanfrage gestellt zu haben.

Auch die Neos meldeten sich zu Wort. Die Sicherheitssprecherin Stephanie Krisper meint, ein Missbrauch des BVT für parteipolitische Interessen hat in einem Rechtsstaat nichts verloren. "Viel rücktrittsreifer kann ein Minister gar nicht mehr sein. Herbert Kickl ist eine Gefahr für Österreich", so Krisper. (fsc, 2.10.2018)