Welches Muster ein Giraffenjunges besitzt, kann in freier Wildbahn über Leben und Tod entscheiden.

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Zürich – Dass die Musterung von Giraffen neben der Regulierung der Körpertemperatur auch ihrem Schutz dient, war schon länger bekannt. Nun konnten internationale Wissenschafter nachweisen, dass die Art der Flecken vor allem bei Jungtieren über Leben und Tod entscheiden kann. Vererbt wird die charakteristische Fellzeichnung ausschließlich über die Mütter, wie ebenfalls herausgefunden wurde.

Die Fleckenmuster der Giraffen sind komplex und unterscheiden sich von Individuum zu Individuum sehr stark. "Die Markierungen können Tiere vor Raubtieren schützen, sie helfen ihre Temperatur zu regulieren oder Familien oder Individuen zu erkennen. Dies alle beeinflusst die Überlebens- und Fortpflanzungsfähigkeit der Giraffen", erklärt Monica Bond von der Universität Zürich und Letzt-Autorin der Studie im Fachjournal "PeerJ".

Individuelle Fellzeichnung

Zusammen mit Derek E. Lee von der Penn State Universität hat sie die Überlebensdaten von Massai-Giraffen und Fotos der Flecken analysiert. Ihre Hautfarbe ist einheitlich dunkelgrau, ihre Flecken aber sind in Farbe und Form sehr unterschiedlich. Sie reichen von fast rund mit sehr glatten Kanten bis hin zu elliptisch mit gezackten oder gelappten Kanten.

Die Fleckenmuster verändern sich nicht mit dem Alter eines Tieres, was es ermöglicht, Individuen anhand ihrer einzigartigen Muster zu identifizieren. Die Forscher fanden heraus, dass zwei von elf gemessenen Fleckenmerkmalen bei Müttern und Jungen signifikant ähnlich waren. So die Rundheit – wie nah der Fleck an einen perfekten Kreis herankommt – und die Festigkeit – wie glatt und vollständig die Kanten sind.

Größere Flecken, höhere Überlebenschance

Die Studie zeigt ferner, dass neugeborene Giraffen mit größeren Flecken und unregelmäßig geformten Flecken in den ersten Lebensmonaten höhere Überlebenschancen haben. Wahrscheinlich sind diese jungen Giraffen besser getarnt. Ihre größeren Chance könnte auch mit anderen überlebensfördernden Faktoren wie Temperaturregulierung oder der Erkennbarkeit des Musters zusammenhängen. "Wir konnten zeigen, dass die Fleckenmuster das Überleben von Jugendlichen beeinflussen und vererbbar sind – sie werden von Mutter zu Baby weitergegeben", fasst Bond zusammen.

Dass Form, Anzahl, Fläche und Farbe der Flecken in Giraffenfellmustern vererbbar sind, hatte Anne Innis Dagg, die erste Giraffenfeldforscherin in Afrika, bereits im Jahr 1968 bewiesen. "Ihre Analyse aber stammt aus einer kleinen Zoo-Population", erklärt Bond. "Wir hingegen haben wilde Giraffen und moderne Bildgebungs- und Analysetechniken benutzt, um ihre Schlussfolgerungen zu bestätigen."

Die Forschenden zeigen auch, wie mit moderner Bildsoftware und statistischen Methoden komplexe Muster zuverlässig analysiert werden können. "Meine Hoffnung ist, dass andere Wissenschafter die gleichen Werkzeuge verwenden werden, um die Fellmuster von Säugetieren zu messen. So können wir unser Verständnis dafür zu verbessern, was diese Muster bedeuten und warum sich bei Wildtieren entwickeln", sagt Lee. (red, 05.10.2018)