Die zuständigen Minister präsentierten am Dienstag den Kompromiss: Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) (links), Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und Innenminister Horst Seehofer (CSU).

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Ursprünglich konnte Horst Seehofer mit dem Modell nicht so richtig warmwerden. Bei der Pressekonferenz am Dienstag in Berlin war der deutsche Innenminister allerdings voll Lob für den gemeinsamen Kompromiss der Koalition zur Fachkräftezuwanderung. Der sieht folgendermaßen aus: Qualifizierte Fachkräfte aus Nicht-EU-Staaten sollen künftig zur Arbeitsplatzsuche einreisen dürfen. Voraussetzung ist, dass sie ihren Lebensunterhalt bestreiten können und ausreichend Deutsch sprechen.

Seehofer zeigte sich "uneingeschränkt zufrieden und einverstanden" mit dieser Lösung, Zuwanderung von Drittstaatsangehörigen sei notwendig und "angewandte politische Vernunft". "Wir können damit sicherstellen, dass alle Arbeitsplätze für Fachkräfte auch besetzt werden können", betonte der ebenfalls zuständige Wirtschaftsminister Peter Altmaier und unterstrich damit die Worte von Arbeitsminister Hubertus Heil, der das geplante Gesetz als weiteren Schritt zur "Sicherung des Wohlstands" in Deutschland sieht. Für Regionen mit hoher Arbeitslosigkeit sind im Entwurf Ausnahmen vorgesehen, um Konkurrenz durch Zuwanderer zu verhindern. So weit herrschte Einigkeit unter den drei Herren.

Asyl und Erwerbsmigration

Nur beim von der SPD geforderten sogenannten "Spurwechsel", dem Wechsel vom Asyl- ins Migrationsverfahren für abgelehnte, aber gut integrierte Asylwerber, musste länger um einen Kompromiss gefeilscht werden. Was herauskam, war dann ein "Spurwechsel" light, der zwar für "geduldete" – also solche, die nicht in ihre Heimat abgeschoben werden können -, aber nicht für alle abgelehnten Asylwerber gelten soll. Vor allem für Horst Seehofer von Bedeutung: Der SPD-Begriff "Spurwechsel" findet sich im aktuellen Entwurf nicht wieder, dafür aber eine sinngemäße Regelung in entschärfter Variante. Am Grundsatz der Trennung von Asyl und Erwerbsmigration werde festgehalten, heißt es im Text. "Geduldeten" Flüchtlingen will man aber bei "guter Integration entgegenkommen". Arbeitsminister Heil betonte, dass im Vordergrund zügige, schnelle und unbürokratische Lösungen stünden.

Bereits jetzt ist es in Deutschland für "Geduldete" möglich, durch Berufstätigkeit nach frühestens 18 Monaten eine Aufenthaltserlaubnis zu erhalten. Zuständig dafür waren aber bisher 600 lokale Behörden, die nach Ermessen handelten. Ab nun wolle man "klare Kriterien" definieren, also einen verlässlichen Status für Betroffene, die eine Arbeitsstelle haben. Wie genau dieser Status und die Kriterien aussehen, müsse jedoch noch festgelegt werden.

In der Wirtschaft wurden die Eckpunkte der Einigung jedenfalls positiv aufgenommen. Die geplanten Änderungen seien "überfällig und richtig", erklärte beispielsweise Steffen Kampeter, Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbandes BDA. Auch aus den Bundesländern kam Lob. "Damit sind wir jetzt wirklich offiziell ein Einwanderungsland", wertete Baden-Württembergs grüner Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Kritik kam indes von AfD-Chef Alexander Gauland. Er sprach von einer "Täuschung der Bürger".

Einen ersten Gesetzesentwurf will Seehofer noch in diesem Monat an die anderen Ressorts schicken. Das Kabinett soll das Gesetz noch vor Weihnachten auf den Weg bringen. (Manuela Honsig-Erlenburg, 2.10.2018)