Der nächste März kommt bestimmt – und damit auch die Zeit blühender Weidenkätzchen und tränender Augen.

imago/Winfried Rothermel

Das Wiener Biotech-Unternehmen Marinomed, spezialisiert auf antivirale Nasen- und Rachensprays, drängt in einen weiteren lukrativen Markt – den für allergischen Schnupfen. Allein in Österreich leiden darunter Hunderttausende, insbesondere während der Flugzeit der Gräserpollen.

Das 2006 als Spin-off der Veterinärmedizinischen Universität gegründete Unternehmen hat ein spezielles Verfahren entwickelt, um schwer lösliche Wirkstoffe aufzulösen und dorthin zu bringen, wo sie benötigt werden. "Das ist wahrscheinlich noch spannender als alles, was wir bisher gemacht haben", sagte Andreas Grassauer, Mitgründer und CEO von Marinomed, dem STANDARD.

Vor Zulassungsstudie

Die erste Idee dazu reicht in das Jahr 2015 zurück. Viele Labortests später stehe man nun vor der Phase-III-Zulassungsstudie. "Um die jetzt notwendigen, besonders teuren Arbeitsschritte zu finanzieren, ist der Zeitpunkt gekommen, externe Geldquellen anzuzapfen", sagte Grassauer. "Es geht um einen zweistelligen Millionenbetrag."

Ein Börsengang, wie er vor gut einem Jahr als eine von mehreren Möglichkeiten angedacht wurde, sei noch immer aktuell. "Die Form der Finanzierung hängt davon ab, welche Quellen letztlich zur Verfügung stehen und wie die Bedingungen sind", sagte Grassauer.

Zwölf-Milliarden-Dollar-Markt

Der weltweite Markt für Mittel gegen allergischen Schnupfen sei rund zwölf Milliarden Dollar schwer, das sind etwa 10,3 Milliarden Euro. Er wachse um rund drei Prozent jährlich. Die Hälfte des Marktes, etwa sechs Milliarden Dollar, entfalle bereits auf rezeptfreie Medikamente. Zehn Prozent Marktanteil in dem Bereich sollten mittelfristig zu schaffen sein, glaubt Grassauer. Das wären an die 600 Millionen Euro.

Präparate auf Basis von Kortison oder Antihistamin zur Behandlung von saisonalem Heuschnupfen haben bisher den Nachteil, dass sie vergleichsweise stark dosiert genommen werden müssen, um eine Linderung der Nasenschwellung und des Augentränens zu bewirken. Der Grund dafür ist, dass gut 90 Prozent der Wirkstoffe laut Grassauer ein Löslichkeitsproblem haben.

Die Wirkung sei entsprechend eingeschränkt, was man von den Nebenwirkungen nicht sagen könne. Mit einer patentierten Kombination aus natürlichen Lösungsmitteln sei es Marinomed gelungen, die Produkte so in Lösung zu bringen, dass die Präparate auch bei niedriger Dosierung wirken.

Suche nach neuem Quartier

Marinomed lässt seine antiviralen Nasen- und Rachensprays bei Sigmapharm in Wien und demnächst in deren neu errichtetem Werk im burgenländischen Hornstein produzieren. Auch der Vertrieb in Österreich erfolgt über Sigmapharm. Im Ausland bedient sich Marinomed ebenfalls lokaler Partner, um seine Nasen- und Rachensprays sowie Lutschpastillen in die Apotheken zu bringen.

Das neue Produkt könne auf bestehenden Produktionslinien laufen und so günstig hergestellt werden. Aber auch neue Partner kämen als Produzenten infrage. Auf dem Gelände der Veterinärmedizinischen Universität fühle man sich wohl, dennoch werde sich Marinomed in einiger Zeit auf Standortsuche machen. Grassauer: "Das Kind ist groß geworden, und wir wollen nicht warten, bis wir 18 sind."

Marinomed steht zu rund 46 Prozent im Eigentum der Gründer und des Managements, die restlichen Anteile werden von strategischen Investoren beziehungsweise Beteiligungsgesellschaften gehalten. (Günther Strobl, 3.10.2018)