Der bisher hypothetische Planet Neun hat offenbar Einfluss auf die Orbits zahlreicher Zwergplaneten und Asteroiden.
Illustr.: Roberto Molar Candanosa, Scott Sheppard/Carnegie Institution for Science

Vor vier Jahren haben die US-Astronomen Chad Trujillo und Scott Sheppard die Idee wiederbelebt, dass unser Sonnensystem einen neunten, unentdeckten transneptunischen Planeten besitzt. Mittlerweile liegen zahllose Studien zum hypothetischen Planet Neun auf dem Tisch, und die meisten scheinen die These der beiden Astronomen zu untermauern.

Auf Basis bisheriger Annahmen, die sich vor allem auf die Beobachtung von Asteroiden mit ungewöhnlichen Umlaufbahnen im fernen Kuipergürtel gründen, liegen sogar einige konkrete Eckdaten über Planet Neun vor: So soll er entweder ein Gasplanet oder ein besonders großer Gesteinsplanet von bis zu zehnfacher Erdmasse und vierfachem Erddurchmesser sein. Seine langgestreckte Umlaufbahn liegt nach Simulationen in einer Distanz von 300 bis 600 Astronomischen Einheiten, für eine vollständige Runde benötigt er zwischen 10.000 und 20.000 Jahre.

Die Nadel im Heuhaufen

Obwohl das Bild vom fernen Riesen immer konkreter wird, konnte Planet Neun noch nicht direkt beobachtet werden. Das liegt insbesondere daran, dass es sich dabei wohl um die sprichwörtliche Suche nach der Nadel im Heuhaufen handelt: Dort, wo Planet Neun vermutet wird, kommt nur mehr ein äußerst geringer Anteil des Sonnenlichts an. Noch weniger Licht wird von ihm zurückgeworfen, was es wirklich schwierig macht, ihn vor dem Hintergrund des allgegenwärtigen Galaxien- und Sternengefunkels auszumachen. Erschwerend kommt hinzu, dass sich seine aktuelle Position auf seiner Umlaufbahn zumindest vorerst noch kaum vorhersagen lässt.

Die Umlaufbahnen des neu entdeckten Zwergplaneten 2015 TG387 und der beiden Oortsche-Wolke-Objekte 2012 VP113 und Sedna im Vergleich.
Illustr.: Roberto Molar Candanosa, Scott Sheppard/Carnegie Institution for Science

Das hält die Astronomen allerdings nicht davon ab, intensiv nach Planet Neun Ausschau zu halten. Tatsächlich ist nun Scott Sheppard von der Carnegie Institution for Science und seinem Team eine Entdeckung gelungen – wenn auch nicht die, auf die sie gehofft hatten: Die Forscher erspähten im Kuipergürtel, gleichsam als Nebenprodukt ihrer Suche nach Planet Neun, einen bisher unbekannten Zwergplaneten. Für die Fahndung nach dem mysteriöse Riesen am Rande des Sonnensystems ist der Fund dennoch nützlich, denn er bekräftigt einmal mehr die Existenz von Planet Neun.

Eines der fernsten Objekte

Das neue Objekt mit einem Durchmesser von etwa 300 Kilometern erhielt die Bezeichnung 2015 TG387 und wurde nun vom Minor Planet Center der Internationalen Astronomischen Union (IAU) offiziell im Fachjournal "Astronomical Journal" vorgestellt. Dass er lange Zeit verborgen blieb, ist kein Wunder, denn 2015 TG387 befand sich zum Zeitpunkt seiner Entdeckung rund 80 Astronomische Einheiten (AE) von der Sonne entfernt, also in 80-fachem Abstand zwischen Erde und Sonne. Zum Vergleich: Pluto kreist in einer Distanz von durchschnittlich 34 Astronomischen Einheiten.

Nachdem sich 2015 TG387 auf einem sehr langgestreckten Orbit bewegt, kommt er unserem Zentralgestirn bis auf 65 AE nahe. Aktuell sind nur zwei Objekte bekannt, 2012 VP113 und Sedna, die noch weiter draußen kreisen. Noch beeindruckender ist sein sonnenfernster Punkt. Der nämlich liegt in einer Entfernung von 2.300 AE, am Rande einer von Eis- und Steinkörpern bevölkerte Region des Sonnensystems, die man als Oortsche Wolke kennt.

Gerade noch erkennbar ist 2015 TG387 auf diesen Aufnahmen, die mithilfe des Subaru-Teleskops auf dem Mauna Kea in Hawaii am 13. Oktober 2015 geglückt sind.
Foto: Scott Sheppard

Weitere Bestätigung für Planet Neun

"Diese sogenannten Oortsche-Wolke-Objekte sind weitgehend isoliert von den großen Massen des Sonnensystems, was sie äußerst interessant für uns macht", erklärt Sheppard. "Sie helfen uns dabei herauszufinden, was da draußen am Rand des Sonnensystems passiert." Insbesondere für die Suche nach Planet Neun seien derartige Himmelskörper sehr nützlich, so die Forscher. "Sie sind wie Brotkrumen, die uns letztlich zu Planet Neun führen werden. Je mehr von ihnen wir entdecken, desto besser verstehen wir diese Region und diesen hypothetischen Planetenriesen, der unserer Ansicht nach die Umlaufbahnen dieser Objekte beeinflusst", so Sheppard.

Das dürfte auch bei 2015 TG387 der Fall sein. Wie Chad Trujillo von der Northern Arizona University und Nathan Kaib von der University of Oklahoma anhand von Simulationen nachweisen konnten, wird die Umlaufbahn des neuen Zwergplaneten tatsächlich von einem massereichen Objekt beeinflusst. Mit diesen neuen Daten könnte sich der Aufenthaltsort von Planet Neun ein Stückchen weiter eingrenzen lassen. (tberg, 3.10.2018)