Vor einer Woche hat die Creau ihre Pforten geschlossen.

Foto: IC Development

Zuletzt fand in den alten Stallungen das Wiener Forschungsfest statt.

Foto: Nest/Böckle

Pferde gibt es in der Wiener Krieau zwar noch. Einige ziehen beim STANDARD-Lokalaugenschein auf der Trabrennbahn vor der beeindruckenden Kulisse aus Wohn- und Bürohäusern des Viertel Zwei ihre Runden.

Ein Teil der Ställe wird allerdings nicht mehr genutzt. Vor zwei Jahren zog in einen Teil davon wieder Leben ein: Die IC Development, Developer des Viertels Zwei, stellte das ein Hektar große Areal Zwischennutzern zur Verfügung. Aus leeren Ställen wurde die Creau – kurz für Creative Au.

Die Leerstandsagentur Nest, die zwischen Eigentümern und Zwischennutzern vermittelt, übernahm das Management und sorgte für den richtigen Mietermix: In die Ställe zogen Produktions- und Handwerksbetriebe ein, darunter Tischler, Schmiede und Schuster. Außerdem fanden hier insgesamt 200 Veranstaltungen statt, darunter kürzlich das Wiener Forschungsfest, Weihnachtsmärkte – und sogar eine Hochzeit.

Nach einer Closing Party vor wenigen Tagen ist die Creau nun aber Geschichte. Hier sollen bis 2023 zwei Hochhäuser und eine Schule entstehen. Mit Probebohrungen und Baustellenaufbau wird schon demnächst begonnen, der erste Teil der Ställe wird im November abgerissen.

Temporäre Bespielung

Warum holt sich ein Entwickler Zwischennutzer ins Boot? Das Ziel sei gewesen, zu experimentieren und zu schauen, welche Nutzung in den Ställen möglich ist, erzählt Sabine Müller, Geschäftsführerin der IC Development, im Gespräch mit dem STANDARD: "Wir wollten die Fläche nicht brachliegen lassen, sondern der Öffentlichkeit zugänglich machen."

Der Hintergrund: Einige Stallungen stehen unter Denkmalschutz. Durch die temporäre Bespielung sollte ein Konzept für ihre künftige Nutzung entwickelt werden. Kleinteilig, handwerklich, künstlerisch sollte es sein – so die Wünsche der Entwickler.

Entstanden ist mit der Creau laut Angie Schmied von der Leerstandsagentur Nest viel mehr, nämlich alternative Stadtentwicklung: "Man reagiert nicht, wenn Räume bereits leer stehen, und versucht dann krampfhaft, eine Nutzung zu finden, sondern man schaut schon vorab, was auf dem Areal möglich ist." Der Unterschied zur klassischen Zwischennutzung ist für Sabine Müller: "Am Ort verbleibt auch nach dem Projektende etwas. Das wird weitergetragen."

Wichtig sei dafür eine enge Abstimmung zwischen Immobilienentwicklern und Zwischennutzern gewesen, sind sich beide Seiten einig: Vorab seien Rahmenbedingungen festgelegt worden – etwa welche Veranstaltungen nicht erwünscht sind. Außerdem gab es regelmäßige Treffen.

Nicht nur Würstel

Die "Learnings" aus der Creau: "Handwerk und Produktion haben sehr gut funktioniert", so Müller. Veranstaltungen im November oder zu Jahresanfang dafür eher nicht. Und das temporäre Lokal Sportlertreff von Haubenkoch Patrick Müller wurde schnell zum Geheimtipp. "Das zeigt, dass ein solcher Ort keine Würstel braucht, um zu funktionieren", sagt Schmied und schmunzelt. Lärmerzeugende Events seien dafür für die Anrainer schwierig gewesen, so Müller.

Das Publikum sei bunt gewesen, erzählt Schmied. Im zweiten Jahr der Zwischennutzung sei zudem ein neues Publikum dazugekommen. Auch in Fachkreisen sorgte das Projekt für Interesse: "Wir haben sogar Anfragen für geführte Touren aus dem Ausland bekommen", so Schmied.

Was die Creau von anderen Locations unterscheidet: der Reiz des Neuen und die "etwas ländliche" Atmosphäre, so Schmied. "Und wahrscheinlich macht es auch diese Temporalität: Man weiß, dass es ein Ende hat."

Kritik für Immobiliendeals

Seit einer Woche ist das Projekt nun also abgeschlossen. Die Umplanung der denkmalgeschützten Stallungen sei in enger Abstimmung mit dem Bundesdenkmalamt, so Müller. Der genaue Zeitplan hängt nun aber davon ab, wie und ob es mit dem Trabrennverein in der Krieau weitergeht.

Denn die IC Development kaufte im Sommer auch die Trabrennbahn. Der Trabrennverein hat allerdings einen unbefristeten Nutzungsvertrag. Laut Medienberichten überlegt der Verein aber, abzusiedeln. Bis Jahresende soll diesbezüglich laut Sabine Müller eine Entscheidung fallen. Die Immobilienverkäufe der Stadt Wien an die IC Development sorgte zuletzt für scharfe Kritik der Opposition.

Im Viertel Zwei schaut man in die Zukunft: Müller wünscht sich, dass der Umbau der denkmalgeschützten Stallungen 2023 – rechtzeitig zur geplanten Fertigstellung der Hochhäuser "Grünblick" und "Weitblick" – abgeschlossen ist und dann ein Mix aus Handwerk, Produktion und Kulinarik dauerhaft im Viertel Zwei Einzug hält. Dann will man auch auf die bisherigen Nutzer der Creau wieder zukommen. (Franziska Zoidl, 7.10.2018)