Chassidisches Drama: Menashe soll seinen Sohn erst wieder zurückbekommen, wenn er eine neue Frau gefunden hat.

Foto: Polyfilm

Das Gelingen einer Speise ist keine Kleinigkeit. Erst recht nicht für den jüdisch-orthodoxen Witwer Menashe. Der Supermarktverkäufer lebt in Borough Park in Brooklyn, der größten chassidischen Gemeinde außerhalb Israels. Mit einer bei sich zu Hause ausgerichteten Erinnerungsfeier für seine verstorbene Frau will er beweisen, dass er für seinen zehnjährigen Sohn Rieven alleine sorgen kann.

Damit steht er in direktem Widerspruch zu den Konventionen seiner Gemeinde. Zum reichen Schwager, der Menashes Sohn zu sich genommen hat, ebenso wie zum Rabbi. Menashe soll seinen Sohn erst wieder zurückbekommen, wenn er eine neue Frau gefunden hat.

Menashe – Trailer
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Strikte Regeln

Mit seinem warmherzigen Spielfilmdebüt Menashe taucht der US-Dokumentarfilmer Joshua Z. Weinstein in eine weitgehend abgeschottete Welt inmitten von New York ein. Gedreht wurde mehr oder weniger heimlich an den Originalschauplätzen mit einer gemischten Crew und erstmals seit sieben Jahrzehnten zur Gänze auf Jiddisch. Dreh- und Angelpunkt ist Hauptdarsteller Menashe Lustig, aus dessen Erlebnissen sich die erzählte Geschichte speist.

Lustig musste auch im echten Leben den Sohn nach dem Tod seiner Frau abgeben. Obwohl es Ultraorthodoxen eigentlich untersagt ist, Filme zu schauen, startete er 2006 als erster chassidischer Jude einen Youtube-Channel. Dass der Regisseur die Grenze zwischen Dokumentation und Fiktion nun verschwimmen lässt, erweist sich durchgehend als Gewinn.

Cola und Süßes zum Frühstück

Die Herausforderungen an den gutmütigen Menashe mögen vor dem Hintergrund einer strikt geregelten Gesellschaft schärfer zutage treten. Vertraut wirken sie allemal. Das gilt für die Arbeitswelt ebenso wie das nicht weniger hierarchisch geregelte Familienleben. Immer wieder stößt Menashe mit seinen Bemühungen, ein guter Vater zu sein, an Grenzen. Wenn er dem Sohn zum Frühstück Cola und Süßes serviert, ist nicht ganz klar, wer hier das Kind ist.

Das unkonventionelle Gericht wird nicht ganz so wie erhofft. Mit seiner Hartnäckigkeit erringt Menashe aber einen Etappensieg, der ihm seinen Sohn zumindest vorübergehend näherbringt. Offen bleibt, wie er sich darüber hinaus in einer traditionellen Welt positionieren wird, die sich dem Heute längst nicht mehr völlig verschließen kann. Warum sich eine kleine unabhängige Produktion wie Menashe zu einem Festivalhit entwickeln konnte, das ist am Filmende klar. (Karl Gedlicka, 4.10.2018)