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Seit Jahrzehnten suchen Wissenschafter nach außerirdischen Signalen – bislang ohne Erfolg.
Foto: REUTERS/Mike Hutchings

Existieren im Universum noch andere Planeten, auf denen Gesellschaften mit einem ähnlich hohen technologischen Niveau leben, wie dem unseren? Viele Philosophen und Wissenschafter haben sich mit dieser Frage auseinander gesetzt. Der US-Astrophysiker Frank Drake hat 1961 zu diesem kosmologischen Mysterium sogar eine Formel entwickelt, die sogenannte Drake-Gleichung. Je nach dem, wie man die einzelnen Faktoren bewertet, kamen Forscher damit zu manchmal pessimistischen, oftmals auch recht optimistischen Ergebnissen. Letztlich läuft es meist darauf hinaus: Sollte es solche Zivilisationen geben, wie könnten wir sie aus der Ferne wahrnehmen?

Nun haben Wissenschafter um Claudio Grimaldi von der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne (ETHL) und der University of California, Berkeley, ein neues statistisches Modell präsentiert, das künftig als Werkzeug bei der Suche nach jenen Signalen dienen könnte, die von potenziellen intelligentem Extraterrestriern ausgesendet werden. Die im Fachjournal "Pnas" vorgestellte Methode macht die Suche nach Außerirdischen nach Angaben der Forscher billiger und effizienter.

Video: Carl Sagan erläutert die Drake-Gleichung.
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Astrophysik war zunächst eigentlich nicht Grimaldis Hauptinteressensgebiet. Seine Forschungen im Labor für Physik von komplexer Materie beschäftigten sich mit der Wahrscheinlichkeit, mit der Kohlenstoffnanoröhren Elektronen untereinander austauschen. Eines Tages kam Grimaldi eine Frage in den Sinn, die ihn nicht mehr losließ: Wenn die Nanoröhrchen Sterne wären und die Elektronen Signale, gäbe es dann eine Möglichkeit zur genaueren Berechnung der Wahrscheinlichkeit, mit der man diese Signale empfangen kann?

Aliensuche ohne greifbare Resultate

Dabei handelt es sich keineswegs um wissenschaftliche Flausen: Forscher beschäftigen sich seit über 60 Jahren ernsthaft mit der Möglichkeit der Existenz außerirdischer Zivilisationen. Das Projekt Seti (Search for extraterrestrial intelligence) beispielsweise hält seit den 1950er Jahren nach entsprechenden Signalen Ausschau. Trotz bedeutender technischer Fortschritte in der Radioastronomie blieben alle bisherigen Initiativen jedoch ohne konkrete Ergebnisse. Es gab zwar durchaus verdächtige Beobachtungen – etwa das berühmte "Wow!"-Signal aus dem Jahr 1977 -, doch keine davon wiederholte sich oder gilt als wissenschaftlich glaubwürdig.

Ans Aufgeben denken die Forscher trotzdem noch lange nicht, im Gegenteil: Angesichts der zahllosen neu entdeckten Exoplaneten und immer leistungsfähigeren Beobachtungsinstrumente verfolgen Seti und Co. mehr denn je ihre ehrgeizige Suche nach extraterrestrischen Signalen. "Dass wir selbst mit modernsten Mitteln noch nichts gefunden haben, bedeuten keineswegs, dass es dort draußen niemanden gibt", sind Grimaldi und seine Kollegen überzeugt.

Die elektromagnetischen Aussendungen potenzieller außerirdischer Zivilisationen, dargestellt als unterschiedlich dicke Emissionsschalen.
Foto: Claudio Grimaldi / EPFL

Interpretation von Erfolg und Misserfolg

Das würde sich nicht zuletzt aus ihrer nun vorgestellten These ergeben, die sich auf den Satz von Bayes zur Berechnung bedingter Wahrscheinlichkeiten stützt: Der Vorteil dieses statistischen Modells sei, dass es Wissenschaftern dabei hilft, sowohl erfolgreiche als auch gescheiterte Versuche zur Erfassung außerirdischer Signale in unterschiedlichen Entfernungen zur Erde zu interpretieren.

Als Beispiel skizziert Grimaldi folgendes Szenario: Wird innerhalb eines Umkreises von 1.000 Lichtjahren kein verdächtiges Signal empfangen, besteht demnach immer noch eine mehr als 10-prozentige Chance, dass sich die Erde in Reichweite von Hunderten ähnlichen Signalen von ferneren Regionen der Milchstraße befindet, die unsere Radioteleskope nicht wahrnehmen konnten, weil sie nicht leistungsfähig genug sind. Diesem Modell gemäß würde die Wahrscheinlichkeit sogar gegen annähernd 100 Prozent ansteigen, wenn nur ein einziges Signal innerhalb des 1.000-Lichtjahre-Radius' aufblitzen würde.

Suche im Umkreis von 40.000 Lichtjahren

Als das Team Parameter wie die Größe der Galaxie und die durchschnittliche Sternendichte in verschiedenen Regionen der Milchstraße berücksichtigte, kam es aufgrund ihrer Berechnungen zu folgender Schlussfolgerung: Eine wenn auch geringe Chance tatsächlich ein Alien-Signal einzufangen besteht allenfalls in einem erweiterten Beobachtungsradius von 40.000 Lichtjahren.

Mit anderen Worten: Erreicht uns keine intelligente Nachricht aus dieser oder einer geringeren Distanz, dann kann man mit hoher Wahrscheinlichkeit annehmen, dass keine anderen Zivilisationen auf einem vergleichbaren technologischen Level wie dem unseren in der Galaxie nachweisbar sind. Bislang war die Menschheit allerdings nur in der Lage, Signale aus allerhöchstens 40 Lichtjahren Entfernung wahrzunehmen. Das bedeutet, dass wir die Flinte noch lange nicht ins Korn werfen sollten, so die Forscher: Es gibt noch viel Raum dort draußen, den es zu untersuchen gilt. (tberg, 6.10.2018)