Stoisch, von der Aufregung rund um ihre Existenz völlig unbeeindruckt, hockt die weibliche Bronzefigur neben den eigens chaotisch angeordneten Trümmern seit Montag an der Mölkerbastei. Vormittags war sie noch in grüne Abdeckfolie gewickelt, die nachmittags gegen ein weißes Tuch getauscht wurde.

Der üblichen Dramaturgie folgend zupfte Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) am Tuchzipfel, und das Denkmal ward enthüllt: in Anwesenheit der Mehrzahl der FPÖ-Regierungsmannschaft, des Initiators Walter Prinz, Präsident des parteinahen Cajetan-Felder-Institutes (CFI), des "Bildhauers" Magnus Angermeier und diverser Prominenz. Die 89-jährige Maria nicht zu vergessen, die jene "Heldinnen des Wiederaufbaues" repräsentierte, denen das Denkmal gewidmet ist: den Trümmerfrauen. Um sie vor der Medienmeute zu schützen, bleibt ihr Nachname ein Geheimnis, wurde auf Anfrage betont. Es folgten die obligaten Festreden, ein Bläserquintett der Bundesheergarde spielte auf, und Vertreter der katholischen und evangelischen Kirche erteilten ihren Segen.

Frappante Ähnlichkeit besteht zwischen Magnus Angermeiers einst in Leonding nicht realisierter "Badender" ...
Foto: Magnus Angermeier

Stoff für weitere Diskussionen

So weit ein typisches Brimborium, das Stoff für weitere Diskussionen birgt. Sieht man von der Begleitmusik ab, die aktuell Gegenstand einer Neos-Anfrage an das Bundesministerium für Landesverteidigung ist. Konkret, ob es denn üblich sei, dass die Gardemusik bei Privatveranstaltungen auftrete, ob es dazu eine Anordnung gab, und wer für etwaige Kosten aufkomme. An der Historikerfront sorgt indes seit Tagen der rund um den Begriff "Trümmerfrauen" konstruierte Mythos für Disharmonien. Man vermisse eine korrekte historische Einordnung, so der Tenor.

Anders als die Widmung des Denkmals suggeriert, bedarf es einer Differenzierung. Denn speziell in Österreich wurden ehemalige Nationalsozialistinnen zu Aufräumarbeiten verurteilt, die Anzahl Freiwilliger blieb tatsächlich überschaubar. Das ist durch Forschungsprojekte erwiesen. Eine "Sichtweise", die wiederum der Nachkriegsgeneration sauer aufstößt. Pauschal wähnt man eine Abwertung jener Mütter und Großmütter, die während und nach dem Zweiten Weltkrieg den Alltag nur unter Entbehrungen bewältigten.

... und der vergangenen Montag von FPÖ-Chef Strache enthüllten "Trümmerfrau".
Foto: Matthias Cremer

Eine Opfergruppe ohne Täter

Für die FPÖ handelt es sich um eine "Opfergruppe" ohne "Täter", der sie traditionell den Begriff "Trümmerfrauen" überstülpt. Seit Jahrzehnten würde ihnen ein Andenken verwehrt und seien gleichartige Denkmalambitionen von der Wiener Stadtregierung torpediert worden, wie Strache am Montag betonte. Die nunmehr auf privater Ebene erfolgte Realisierung ist mehreren Vätern und einer Mutter gedankt. Das Denkmal thront auf einem Grünstreifen an der Rampe der Bastei und gehört zu einem Grundstück, das 2008 vom Wiener Stadterweiterungsfond weit unter Wert verkauft wurde. "Um skandalöse 15 Euro pro Quadratmeter", ruft die Liste Pilz aktuell in Erinnerung. Als Verkäufer habe eine vom damaligen Innenminister Ernst Strasser (ÖVP) "installierte Truppe" fungiert, und namens des Käufers war der Sohn eines ÖVP-Abgeordneten als Treuhänder involviert.

Dieser Deal ist seit 2013 Gegenstand von Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, dem ein kritischer Prüfbericht des Rechnungshofes vorausging. Auf STANDARD-Anfrage war zu erfahren, dass die Ermittlungen nun abgeschlossen seien, am Vorhabensbericht würde gearbeitet. Über eine Anklageerhebung wurde noch nicht entschieden.

Die Initiative einer Freundin

Laut Strache sei das Grundstück – und das Denkmal – von Siegmund Kahlbacher gestiftet worden. Er ist CEO der Kyatt-Gruppe, die mit Unterstützung chinesischer Investoren diverse Hotelprojekte betreibt. Ein Geschäftsmann, der im Umfeld der Privatisierung der Wörtherseebühne aktiv war, des kulturpolitischen Flaggschiffs des verstorbenen Jörg Haider. 2003 schlitterten die "Wörthersee-Bühne Veranstaltungs-, Betriebs- und Verwertungsgesellschaft mbH" und mit ihr Kahlbacher in die Pleite.

Nun spendete Kahlbacher sowohl den Grünstreifen als auch das Denkmal selbst, für das Magnus Angermeier, ein ausgebildeter Landschaftsarchitekt, 60.000 Euro veranschlagt. Wie es zu diesem Auftrag überhaupt kam? Auf Initiative des CFI, genauer über Heidi, eine Freundin seit 20 Jahren, erzählt Angermeier. Gemeint ist die ehemalige FPÖ-Abgeordnete und Kultursprecherin Heidemarie Unterreiner, einst auch CFI-Vorstandsmitglied, die den gebürtigen Münchener ins Spiel brachte.

Die Reinheit der Seele

Als Landschaftsarchitekt designte er im Laufe der Jahre auch Skulpturen, bevorzugt für Gartenanlagen. In den 1990er-Jahren schuf er eine Gruppe von Nymphen, die sich um ein Wasserbecken in einem Altersheim in Leonding tummeln sollten. Die Figuren wurden produziert, das Projekt scheiterte jedoch am Einspruch des Bürgermeisters. Zu der Figurengruppe gehörte auch eine als "Badende" betitelte Skulptur, die in der Körperhaltung starke Ähnlichkeiten mit jener des Denkmals aufweist.

Ja, sie diente bewusst als Vorbild, bekennt Angermeier. Ihre Nacktheit verweise auf die auch in Naturreligionen tradierte Reinheit der Seele. Die Kritik, es sei ja gar keine Trümmerfrau dargestellt, perlt an ihm ab. Denn er will dieses Denkmal nicht auf die in der Inschrift verewigten Jahre von 1943 bis 1954 reduziert wissen. Vielmehr handle es sich um ein Mahnmal, das explizit die Gegenwart und die Zukunft betrifft. Irgendwo gebe es immer Kriege, die Opfer und Entbehrungen fordern. (Olga Kronsteiner, 3.10.2018)