Rapsöl ist reich an Vitamin E. Ob es eine gesundheitsfördernde Wirkung hat, hängt allerdings vom Stoffwechsel eines Menschen ab.

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Jena – Seit fast 100 Jahren erforschen Wissenschafter die Wirkungen von Vitamin E, das im Fachjargon auch Alpha-Tocopherol genannt wird. "Vitamin E ist ein Antioxidans, es neutralisiert zellschädigende freie Radikale", sagt Andreas Koeberle von der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Diese Wirkung wurde zwar in Zell- und Tiermodellen im Labor nachgewiesen, in klinischen Studien konnte Vitamin E bislang allerdings nicht überzeugen.

"Hier sind die Ergebnisse sehr heterogen", sagt Koeberle. "Nicht nur, dass die positiven Effekte oft nicht in der erwarteten Stärke auftreten, manchmal zeigt die Gabe von Vitamin E sogar nachteilige Effekte." Eine mögliche Erklärung für diese unterschiedlichen Effekte haben nun die Forscher der Friedrich-Schiller-Universität Jena gefunden: In einer interdisziplinären Studie mit Kollegen aus Frankreich, Österreich, Italien und Deutschland konnten sie zeigen, dass die Wirkung von Vitamin E, das als Tablette oder Kapsel eingenommen wird, gar nicht auf dem Vitamin selbst, sondern auf einem Stoffwechselprodukt beruht.

Warum die Wirkung unterschiedlich ist

Die Substanz, die Alpha-Carboxychromanol genannt und in der Leber gebildet wird, besitzt unter anderem eine entzündungshemmende Wirkung. "In welchem Maße das passiert, ist von Patient zu Patient aber sehr verschieden", sagt Oliver Werz, der an der Studie maßgeblich beteiligt war. Wie die Jenaer Wissenschafter beobachten konnten, weist der Spiegel des Stoffwechselprodukts im Blut von Probanden eine sehr große individuelle Spannweite auf.

"Wenn der Effekt von Vitamin E davon abhängt, in welchem Maße der bioaktive Metabolit gebildet wird, dann erklärt das sehr gut, wieso die gleiche Menge Vitamin E bei einer Person eine bestimmte Wirkung zeigt und bei einer anderen Person womöglich eine wesentlich geringere", macht Werz deutlich. Dies belege, so der Pharmazeut weiter, den großen Nutzen, den eine personalisierte Medizin zu bieten hat.

Entzündungen hemmen

"Wenn wir zuvor den Stoffwechsel eines Patienten charakterisieren, lässt sich ein Therapieerfolg – nicht nur für Vitamin E – wesentlich präziser erzielen." In ihrer Studie haben die Forscher das entzündungshemmende Potenzial von Alpha-Carboxychromanol untersucht.

Der bioaktive Metabolit hemmt das Schlüsselenzym 5-Lipoxygenase, kurz 5-LO, das Entzündungserkrankungen wie Asthma oder Arthritis fördern kann. "Bislang gibt es aber nur ein einziges zugelassenes Arzneimittel, das die 5-LO hemmt, das aber aufgrund starker Nebenwirkungen nur sehr eingeschränkt eingesetzt wird", sagt Werz. Die Forscher wollen nun neue Wirkstoffkandidaten für die Behandlung entzündlicher Erkrankungen entwickeln, ein erster von Alpha-Carboxychromanol abgeleiteter Kandidat sei bereits patentiert, so Koeberle. (red, 4.10.2018)