Metastasierender Brustkrebs kann heute immer öfter in Schach gehalten und zu einer chronischen Erkrankung werden.

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Etwa 5.000 Frauen erkranken in Österreich jährlich an Brustkrebs. In etwa fünf Prozent der Fälle hat der Krebs bereits Metastasen entwickelt. Weitere fünf bis 15 Prozent erleiden jedes Jahr nach einer ersten Brustkrebserkrankung einen Rückfall mit Metastasen. "Die Lebensqualität der betroffenen Frauen steht bei der Therapie im Vordergrund, weshalb versucht wird, jeweils eine individuell angepasste Therapie mit möglichst geringen Nebenwirkungen auszuwählen", sagt der Experte für metastasierten Brustkrebs, Rupert Bartsch, Oberarzt am AKH Wien.

Zwar ist metastasierter Brustkrebs noch nicht heilbar, "aber bei den weniger aggressiven Brustkrebstypen ist es oft möglich, das Fortschreiten der Erkrankung aufzuhalten und sie zu einer chronischen Erkrankung mit jahrelanger Überlebenszeit zu machen". Fragen und Antworten zu metastasiertem Brustkrebs.

Frage: Wann spricht man von einem metastasierten Brustkrebs?

Antwort: Tumorzellen können sich aus dem Zellverbund des Primärtumors lösen und über die Blut- und Lymphbahnen in andere Organe gelangen. Dort lassen sie sich nieder, teilen sich und wachsen zu einem Tochtergeschwulst, einer Metastase, heran. Metastasen bilden sich insbesondere in den Knochen, vor allem an der Wirbelsäule, etwas seltener in Leber, Lunge und Gehirn. "Tumorzellen sind Meister darin, bislang gesunde Zellen zu manipulieren und für sich arbeiten zu lassen. Offenbar sind die Wachstumsbedingungen in den Knochen für hormonempfindliche Tumorzellen optimal", sagt Bartsch. "Beim aggressiven, dreifach negativen Brustkrebs, der vor allem bei jüngeren Patientinnen auftritt, bilden sich Metastasen dagegen häufig in inneren Organen wie Leber oder Lunge oder auch im Gehirn."

Frage: Welche grundsätzlichen Therapieoptionen gibt es?

Antwort: Die Operation ist beim metastasierten Brustkrebs eher die Ausnahme. "Den Primärtumor entfernen wir nur dann operativ, wenn zu befürchten ist, dass er weiter wächst und Probleme verursacht", so Bartsch. Es gibt zielgerichtete Therapien, die auf Eigenschaften der Tumorzellen im Primärtumor und in den Metastasen wirken. Deshalb ist es sehr wichtig, diese Eigenschaften möglichst genau zu kennen. Die Chemotherapie wirkt dagegen auf alle sich schnell teilenden Zellen und hat deshalb mehr Nebenwirkungen. "Die versuchen wir durch zahlreiche Begleittherapien abzumildern." Mitunter ist es möglich, Metastasen chirurgisch zu entfernen. Die Strahlentherapie ist sehr effektiv gegen Knochenmetastasen und darüber hinaus schmerzlindernd.

Frage: Welche Therapie ist geeignet?

Antwort: Bei der Wahl der Therapie ist zunächst zu unterscheiden, ob es sich um hormonsensitiven, HER-2-Rezeptor-positiven oder den dreifach negativen (triple negative) Brustkrebs (TNBC) handelt.

Frage: Wie werden hormonsensitive Brustkrebsarten behandelt?

Antwort: Die Mehrzahl der Tumore ist hormonsensitiv. Das heißt, das Tumorwachstum wird durch Östrogen gefördert. Die Antihormontherapie erfolgt vor den Wechseljahren mit Tamoxifen, das die Östrogenrezeptoren blockieren, nach den Wechseljahren mit sogenannten Aromatasehemmern (zum Beispiel Anastrozol). Sie verhindern die Produktion von Östrogen, verringern aber die Knochendichte. Daneben besteht die Möglichkeit, auch den Hormonrezeptor an den Tumorzellen direkt zu blockieren. "Die Antihormontherapie mit Aromatasehemmern ist weitestgehend gut verträglich. Leider lässt ihre Wirksamkeit aber sukzessive nach und ist nach durchschnittlich einem Jahr ganz weg", betont Rupert Bartsch. Es ist deshalb mittlerweile Standard, eine Antihormontherapie mit sogenannten CDK4/6-Hemmern zu kombinieren. "Sie verlangsamen das Tumorwachstum, und die Wirksamkeit der Antihormontherapie verlängert sich auf durchschnittlich 25 bis 28 Monate." Danach folgen weitere Antihormontherapien oder eine Kombination aus Antihormontherapie mit anderen zielgerichteten Substanzen. Im weiteren Verlauf wird aber häufig eine Chemotherapie notwendig. "Niedrig dosierte Einzelsubstanzen verursachen dabei immer weniger Nebenwirkungen als eine Kombination mehrerer Substanzen."

Tragen die Tumorzellen einen sogenannten HER2-Rezeptor auf ihrer Oberfläche, können Medikamente eingesetzt werden, die sich nur gegen diesen Rezeptor richten. Das können Antikörper sein, die eine Übertragung von Wachstumssignalen auf die Tumorzelle blockieren, oder kleine Moleküle (small molecules), die die Signalweiterleitung innerhalb der Zelle verhindern. Die Wirksamkeit dieser Medikamente kann durch eine Kombination mit einer Chemotherapie gesteigert werden.

Frage: Und wie sieht die Therapie beim metastasierten dreifach negativen Brustkrebs aus?

Antwort: An erster Stelle steht die Chemotherapie. Weiterhin gibt es sogenannte PARP-Inhibitoren, die beim erblich bedingten TNBC den Reparaturmechanismus in den Tumorzellen stören und zum Zelltod führen. "Außerdem setzen wir große Hoffnungen in Immuncheckpoint-Inhibitoren, die den Tumor gegenüber dem Immunsystem demaskieren und angreifbar machen", erklärt Bartsch. Sie sind etwa bei Lungenkrebs gut wirksam. Allerdings könnte es ein Problem sein, dass Brusttumorzellen zu wenig Genveränderungen aufweisen und den körpereigenen Zellen zu ähnlich sind. "Vermutlich muss die Immuntherapie deshalb mit einer Chemotherapie kombiniert werden", so der Wiener Brustkrebs-Experte.

Frage: Was kann eine betroffene Frau machen, um das Rückfallrisiko für sich möglichst klein zu halten?

Antwort: "Viel Bewegung, fettarme Ernährung, wenig Alkohol trinken und nicht rauchen", rät Bartsch. (Gerlinde Felix, 5.10.2018)