Großvater Joe im Mini: Er vererbte dem Enkel ein Theaterstück.

Foto: Joseph Portnoy/Steirischer Herbst

Enkel Michael Portnoy hat aus dem Stück "All Things Touch All Other Things Eventually" des Yosef Birnheim – eine Performance destilliert. Überliefert wurde es ursprünglich über den Nachlass des Urgroßvaters Sam Portnoy.

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Graz – Bekannt wurde Michael Portnoy eigentlich als Crasher einer Grammy-Show. Und zwar anno 1998, als er unerlaubter weise aus der Reihe der Backgroundtänzer hervor an die Rampe zu Bob Dylan trat, der da gerade sang, und mit nacktem Oberkörper und der Aufschrift "Soy Bomb" (etwa: "explosive Kunst") das Sicherheitspersonal auf den Plan rief. Wenn einem der höfliche Mann dieser Tage im Kaffeehaus gegenübersitzt, in einem schicken bestickten Sweatshirt, hätte man ihm das nicht zugetraut.

Michael Portnoy, 1971 in Washington, D. C., geboren, ist heute einer der interessantesten Protagonisten der US-amerikanischen Performanceszene. Er kommt eigentlich vom Theater und der Literatur, lief über Stand-up-Comedy als Künstler warm und stieg später auf Choreograf um, um dann bei der Performance zu landen. Wenn man sich die Vielfalt seiner Bühnensprache vor Augen führt, also sämtliche Elemente von Erzählung/Sprache über Tanz/Körperkomik bis hin zu Visual Arts, dann nimmt die vage Selbstbezeichnung, die er sich gegeben hat, "Director of Behaviour", Kontur an. Sie meint nichts anderes als das Arrangieren von Verhalten auf der Bühne.

Vom Uropa über den Opa zum Enkel

Am 12. Oktober feiert Portnoys neues Stück beim Steirischen Herbst im Grazer Orpheum Uraufführung. Es wird lustig, das geht bei Portnoy gar nicht anders. Die Familientradition gebietet es. Ein Theatertext des Autors Yosef Birnheim aus dem Erbe von Urgroßvater Sam liegt der Performance zugrunde. Sam Portnoy war ein Klezmermusiker aus der Ukraine, der viel herumkam, auch nach Österreich, und schließlich in Philadelphia sesshaft wurde. In seinem Nachlass befand sich das allegorische jiddische Stück mit dem nunmehr übersetzten Titel All Things Touch All Other Things Eventually, das wiederum Großvater Joe Portnoy, selbst Musiker, aufbewahrte und schließlich seinem Enkel Michael vererbte.

"Es ist kein wirklich gutes Stück", meint Portnoy, "es will einfach zu viel." Das ist bei 70 Charakteren auch keine übertriebene Feststellung. Deshalb diente der Text vorwiegend als Inspi ration für einen eigenen. Portnoy interessiert indes die Tradition des allegorischen Volksmärchens sehr, der Widerstreit von Konzepten wie Glaube, Gender, Liebe.

Weisheit und Glück diskutieren

In der Performance treten diese Konzepte als lebende Charaktere in Erscheinung. Beispielsweise sitzen Weisheit und Glück herum und diskutieren darüber, wer von ihnen das bessere Leben hat. Portnoy selbst tritt dabei – neben drei Tänzern – als alter Mann und Erzähler von Volksmärchen auf. Es wird eine tragische Komödie. (Margarete Affenzeller, 5.10.2018)