Obwohl es kein humanmedizinisches Labor ist, bezeichnet sich das Unternehmen Betacell online als solches. Der Firmengründer entgegnet dem folgendermaßen: "Das ist doch nur ein Trivialname."

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Der Online-Auftritt ist äußerst ansprechend. Eine "Hormonanalyse mittels Speicheltest" verspricht das in Salzburg beheimatete Unternehmen Betacell, das laut Eigenangaben "in erster Linie ein humanmedizinisches Labor" ist und aus Ärzten und Mikrobiologen besteht. Mittels eines eingeschickten Speicheltests samt Fragebogen zu Beschwerden soll bei Patienten ein Ungleichgewicht bei Hormonen erkannt werden. Die Therapieempfehlung mit Präparaten auf pflanzlicher Basis wird praktischerweise von Betacell mit dem Befund gleich mitgeschickt.

Nur: Betacell ist kein Labor. Recherchen des STANDARD ergeben, dass Betacell weder beim Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) noch bei der Ärztekammer registriert ist. Auch bei der Salzburger Landessanitätsbehörde dürfte diese Firma nicht gelistet sein.

Irreführender Auftritt

Anders bei der Wirtschaftskammer: Hier kann die Betazell GmbH ein aufrechtes Handelsgewerbe vorweisen, das einen allgemeinen Handel mit Versand sowie einen Internethandel erlaubt. Der Betrieb eines Labors ist damit nicht möglich. "Der Auftritt von Betacell wirkt aber, als wäre es ein Labor", sagt Julia Peham-Zver, Gremialgeschäftsführerin der Sparte Handel in der Wirtschaftskammer Salzburg. Das zu überprüfen wäre laut Peham-Zver aber Sache der Ärztekammer.

Gründer der Betazell GmbH sowie der in der Schweiz registrierten Betacell AG ist laut Homepage des Unternehmens "der in Luzern ansässige Prof. Dr. Ricardo Borelli". Bei der Ärztekammer ist unter diesem Namen weder ein Facharzt der Laboratoriumsmedizin noch überhaupt ein Arzt registriert. Borelli wäre es also nicht erlaubt, ein Labor zu führen. Auf der Homepage seines Unternehmens wird Borelli als Chemiker bezeichnet, unter der Rubrik "Team" ist ansonsten kein weiterer Name angeführt.

"Nur ein Trivialname"

Im Gespräch mit dem STANDARD räumt Borelli ein, dass Betacell in Salzburg "kein Labor" ist. Es würde "reine Forschungsarbeit" betrieben. Auf die Frage, warum dann auf der Homepage Betacell als humanmedizinisches Labor und Institut geführt wird, sagt Borelli: "Das ist doch nur ein Trivialname."

Werden Speichelproben an Betacell geschickt, werden diese nicht vom Unternehmen selbst, sondern "in einem anderen Labor" ausgewertet, sagte Borelli. Dieses befinde sich nicht in Österreich, sondern im Ausland. Wo genau, wollte er nicht sagen. Dass Ricardo Borelli nicht sein richtiger Name ist, räumte er ebenfalls ein. Auf die Frage, wie sein Name laute, sagte er: "Das sage ich Ihnen nicht." Als Direktor von Betacell AG wird ein deutscher Staatsbürger namens Volker Kornelius Schmidt-Borelli geführt.

Behörden prüfen nicht

Dass Betacell in Salzburg kein Labor ist, Speichelproben in anderen Einrichtungen im Ausland ausgewertet werden und der Firmengründer anders als angegeben heißt: All diese Infos gibt die Homepage von Betacell für Klienten nicht preis. Die Behörden sahen trotz dieser Intransparenz und Irreführung von Klienten bisher noch keinen Grund, diese Causa näher zu untersuchen. Dabei weist Betacell auch darauf hin, mit 89 Ärzten und Therapeuten zusammenzuarbeiten.

Massive Irritationen löste Betacell auch bei der FH Salzburg aus: Im Rahmen eines Projektes wurden Speichelproben von vier Studierenden in zwei Laboratorien – ein akkreditiertes Salzburger Labor und Betacell – geschickt sowie im hauseigenen Laboratorium getestet. Die Ergebnisse des analysierten Stresshormons Cortisol (morgens und nachts) waren in der akkreditierten Einrichtung und im Labor der FH Salzburg, wo Studierende selbst die Proben analysierten, ähnlich. Die Werte waren im Normbereich.

Abweichendes Ergebnis

Bei Betacell wurde nicht nur Cortisol, sondern ungefragt auch weitere Hormone untersucht. Dem STANDARD liegen die Befunde vor. Bei einem Befund von Betacell wies Cortisol einen erhöhten Wert auf, die Beurteilung sprach von einer "Cortisol-DHEA-Dysbalance mit Ausstrahlung auf Serotonin". Empfohlen wurde die Einnahme von zwei verschiedenen Produkten, die man laut dem Schreiben gleich direkt bei Betacell bestellen könne.

Unterzeichnet wurde der Befund samt Empfehlung zur Präparateinnahme übrigens von zwei Doktores – darunter Ricardo Borelli. Borelli, der in Wahrheit anders heißt, sagt dazu: "Das ist eine ganz private Sache. Die Empfehlungen von uns sind nicht bindend." (David Krutzler, 4.10.2018)