Philipp Kieninger rockt beim inklusiven Theater die Bühne.

Foto: Theater Ecce / Remo Rauscher

Salzburg – Philipp Kieninger ist 21 Jahre alt und hat Downsyndrom. Derzeit steht er bei dem Theaterstück "All Inclusive" von Ben Pascal und dem Theater ecce auf der Bühne der Arge Kultur. Seit 20 Jahren macht das Theater ecce inklusive Theaterarbeit. Kieninger ist seit acht Jahren bei Produktionen dabei. Das aktuelle Stück bringt die Frage, was ein Sozialstaat kosten darf, auf eine sehr persönliche Ebene und stößt die politische Debatte an.

Die schwarz-grün-pinke Regierung in Salzburg bekennt sich im Koalitionsvertrag zur Inklusion von Menschen mit Behinderung und will deren Gleichstellung vorantreiben. Doch bereits bei den grundlegenden Dingen hapert es. Laut Behindertengleichstellungsgesetz müssen seit 2016 öffentlich zugängliche Geschäftslokale barrierefrei sein. In einer Studie des Österreichischen Zivil-Invalidenverband (Öziv) vom Mai zeigt sich: Die Stadt Salzburg nimmt den letzten Platz bei der Barrierefreiheit ein. Nur 39,2 Prozent der Geschäfte sind stufenlos zugänglich.

Die Stadt hat zusammen mit Menschen mit Behinderung ein Konzept mit hundert Maßnahmen zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention erstellt. 130.000 Euro sind dafür budgetiert. Um einen Plan für Inklusionsmaßnahmen zu erstellen, befragt nun auch das Land Salzburg die Betroffenen. Salzburg lag im Vorjahr mit den Ausgaben für die Behindertenhilfe im Ländervergleich noch an vorletzter Stelle. Soziallandesrat Heinrich Schellhorn (Grüne) hat für das kommende Jahr um fünf Millionen Euro mehr Geld ausverhandelt. Damit liegt das Budget 2019 erstmals über 100 Millionen Euro. "Das ist eine bewusst gesteuerte Sozialpolitik. Wir hatten Aufholbedarf, haben aber schon viel erreicht", sagt Schellhorn.

Ausbau der Assistenz

Vorreiter ist Salzburg bei der persönlichen Assistenz. In einem zweijährigen Pilotprojekt wurden auch Menschen mit intellektuellen und psychischen Behinderungen unterstützt. Das ist österreichweit einzigartig. 17 Personen haben das Angebot bisher genutzt, 2019 sollen fünf weitere dazukommen. Die Lebenshilfe fordert einen bundesweiten Rechtsanspruch auf persönliche Assistenz.

Vorbildhaft ist auch die Einbindung von Menschen mit Behinderung bei neuen Wohnprojekten. In Provinzenz-Einrichtungen in Schernberg und Abtenau sind die Bewohner in die Neugestaltung miteingebunden und gefragt worden, wie sie leben wollen. Statt in Sechsbettzimmern wohnen die Menschen nun in WGs und sind teils selbst Mieter.

Aufholbedarf gibt es bei der Inklusion am Arbeitsmarkt. Die Arbeitslosigkeit hat sich bei Menschen mit Behinderungen in den letzten acht Jahren verdoppelt. Einzelne Firmen haben jedoch das Bewusstsein für Inklusion. Philipp Kieninger etwa arbeitet als Halbtagskraft in der Betriebsküche des Landeskrankenhauses. "Es brauchte zuerst acht Praktikumsplätze, bis er diese Stelle gefunden hat. Teilweise waren die Menschen alle überfordert", sagt seine Mutter Ingrid Kieninger. Ein Vorzeigebeispiel ist auch die Firma Teampool in Seekirchen im Flachgau. Bei der Personalvermittlungsfirma sind insgesamt 21 Menschen mit Beeinträchtigung geringfügig angestellt. Sie sortieren und verpacken Werbemittel.

Land Salzburg will sich für integrative Arbeit einsetzten

"Das System muss umgedacht werden", sagt Claudia Tomasini von der Lebenshilfe. Etwa die Hälfte der 700 von der Lebenshilfe betreuten Klienten arbeiten für ein Taschengeld bei Firmen oder Gemeinden – nur unfallversichert ohne sonstige sozialversicherungsrechtliche Ansprüche. Der Verein fordert seit Jahren einen Lohn statt Taschengeld für Menschen mit Behinderung. Dazu bekennt sich nun auch das Land im Koalitionsvertrag: "Gegenüber dem Bund setzten wir uns ein, dass für Menschen mit Behinderung in Beschäftigungsverhältnissen ein sozialversicherungspflichtiges Dienstverhältnis geschaffen wird."

Das Land unterstützt Firmen, die Menschen mit Behinderung einstellen, auch mit Lohnkostenzuschüsse. "Wir schauen auch mit den Träger zusammen die Leute von den klassischen Werkstätten hin zu integrativen Berufen zu bringen", sagt Schellhorn. Im Vorjahr gab das Land sechs Millionen Euro für die Lohnkostenzuschüsse aus. Damit wurden 476 Personen unterstützt. (Stefanie Ruep, 6.10.2018)