Die letzten Tage war Innenminister Herbert Kickl in den Schlagzeilen, Bundeskanzler Sebastian Kurz jedoch überwiegend im Ausland. Die EU-Vorsitzführung halt. Zwischendurch sagte er noch beim Ministerrat am Dienstag sinngemäß, nun sei es aber genug mit der Auseinandersetzung von Kickl und den kritischen Medien (insbesondere dem "Falter"). Der Presserat werde sich ja der Sache annehmen.

Der Presserat? Ja, das Innenministerium ruft diesen Selbstregulierungskörper der Medien gegen den "Falter" an, aber nur als Vernebelungsaktion und Gegenoffensive. Faktum ist, dass Kickl einen Rundumkrieg gegen kritische Medien führt und dass eine Mail seines Generalsekretärs, die der "Falter" aufgedeckt hat, den Verdacht zulässt, das Innenministerium habe wissen wollen, was der Verfassungsschutz über extrem rechte Burschenschafter weiß (von denen etliche in FP-Ministerbüros, auch in dem Kickls, sitzen).

Der Presserat wird in der Sache entscheiden, aber das hat überhaupt nichts zu tun mit dem großen Thema: Hat Kanzler Kurz noch die Kontrolle in dieser Koalition ?

Die demokratiepolitisch höchst bedenklichen Vorstöße des FPÖ-Innenministers dominieren die politische Debatte. Dahinter steht eindeutig der Wunsch nach einem Umbau des Sicherheitsapparates, und wahrscheinlich mehr als das. Und immer wieder: Flüchtlinge. Kickl bekommt eine ganze Seite 3 in der "Krone" mit riesigem Porträtfoto unter dem Titel "Kickl hat jetzt Visionen". Könnte man als versteckte Boshaftigkeit deuten, aber im Text heißt es dann, der Innenminister habe einen Sieben-Punkte-Plan ("der an frühere Vorschläge erinnert, die am Mangel an Einigkeit in der EU gescheitert sind", schreibt die "Krone" dazu).

Faktum ist, dass Kickl und die FPÖ die politische Diskussion dominieren, während Sebastian Kurz einen zweifellos wichtigen Termin bei Putin wahrnimmt (und die überaus enge Bindung der OMV an die russische Gazprom absegnet; ein eigenes Kapitel).

Der Blog "dieSubstanz.at", der meist gute Einsichten bietet, fragt inzwischen, warum sich die ÖVP-Minister Elisabeth Köstinger (Umwelt), Josef Moser (Justiz) und Gernot Blümel (Medien) in ihre Ressorts von der FPÖ dreinregieren lassen. Verkehrsminister Norbert Hofer konterkariert mit Tempo 140 alle Umweltexperten, Kickl hebelt mit seiner Medienpolitik Blümel aus, und Justizminister Moser kann nur zuschauen, wo Kickl die Justiz (genauer: die Staatsanwaltschaft) in seinem Feldzug gegen den Verfassungsschutz instrumentalisiert.

Die einzige größere Maßnahme der ÖVP kommt von Bildungsminister Heinz Faßmann, der alte Schulreformen rückgängig machen will. Von Finanzminister Hartwig Löger und Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck hört man sehr wenig.

Sebastian Kurz hat weiterhin ein exzellentes Standing in den Umfragen. Es wäre aber an der Zeit, dass er festhält, wer hier Kanzler ist und wer die Gestaltungshoheit in dieser Koalition hat. Denn der Beitrag der FPÖ besteht hauptsächlich aus Krawall – und dieser droht alles zu übertönen. (Hans Rauscher, 5.10.2018)