Andreas Schieder wird Spitzenkandidat der SPÖ bei der EU-Wahl.

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Mit dem Lebenstraum ist es nichts geworden. Andreas Schieder hatte vor allem ein Ziel: Wiener Bürgermeister zu werden. Schon lange vor der Kampfabstimmung gegen Michael Ludwig ließ der 49-jährige in informellen Gespräche durchblicken, dass er sich für den mit Abstand geeignetsten Kandidaten für die Spitze der Stadtregierung halten würde.

Bloß die Wiener Genossen sahen das anders. Ludwig setzte sich relativ locker mit 57 zu 43 Prozent durch. Das war der erste Rückschlag im heurigen Jahr. Den zweiten versetzte ihm dann die designierte Parteichefin Pamela Rendi-Wagner, die nach ihrer Nominierung verkündete, sie wolle den Parlamentsklub künftig selbst leiten.

Das Pressestatement von Pamela Rendi-Wagner am Sonntag.
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"Freiwilliger" Verzicht

Für Schieder hieß das: Er war gefordert, auf den Klubobmannsessel zu verzichten. Und zwar "freiwillig", gewählt war er nämlich für die gesamte Legislaturperiode, gegen seinen Willen wäre eine Demontage also nicht möglich gewesen. Derartige Dinge nimmt der Rapid-Fan aber sportlich. Zuerst kommt die Partei, persönliche Befindlichkeiten gibt es natürlich, sie werden aber nicht zur Schau gestellt. Andreas Schieder ist nicht der Typ, der in Interviews mit Parteikollegen abrechnet, auch wenn die letzten Wochen schon fast absurd chaotisch abliefen. Er weiß: Die Politik ist schnelllebig. Wer gestern am Abstellgleis war, kann heute schon wieder gefragt sein.

Nach dem finalen Rücktritt Christian Kerns war es am Sonntag so weit. Schieder soll die SPÖ als Spitzenkandidat in die EU-Wahl führen. Er ist die zweite Wahl der Partei, so wie Brüssel seine zweite Wahl ist.

Auf den Spuren des Vaters

Wobei ihm allerdings die internationale Politik schon in die Wiege gelegt worden ist. Sein Vater Peter war nicht nur roter Zentralsekretär, sondern über lange Jahre auch außenpolitischer Sprecher der Partei. Diese Funktion hat heute Andreas Schieder inne.

Mittlerweile hat er so ziemlich alle Funktionen durch: Er war Vizepräsident der Sozialistischen Jugendinternationale, Präsident der Europäischen Jungsozialisten, Wiener Gemeinderat, Staatssekretär und Nationalratsabgeordneter. Und nicht zu vergessen: Er ist Chef der SPÖ in Wien-Penzing.

Um der Hektik des Politikalltags zu entkommen, steigt Andreas Schieder, der auch Präsident der Naturfreunde ist, gern aufs Rad. Die innere Balance versucht er beim gemeinsamen Yogakurs mit Lebensgefährtin Sonja Wehsely zu finden. Auch die Partei wird froh sein, wenn nun etwas Ruhe einkehrt. (Günther Oswald, 7.10.2018)