Frauenrechtsaktivistin Jessica Campbell-Swanson sitzt am Schoß von Justitia in Washington.

Foto: AFP / Jose Luis Magana

Kaum hatte er seinen Richterkandidaten gegen heftigen Widerstand durchgesetzt, ging Donald Trump auch schon in die Offensive und wetterte gegen die Opposition. "Man reicht einem Brandstifter keine Streichhölzer, und man lässt einen zornigen linken Mob nicht an die Macht", polterte er in Topeka, einer Stadt in Kansas, wo er sich von seinen Anhängern bejubeln ließ. Die Demokraten seien zu extrem und zu gefährlich, um sie ans Regierungsruder zu lassen.

Die Republikaner dagegen glaubten an die Herrschaft des Rechts, nicht an die Herrschaft des Mobs, polemisierte der US-Präsident und rief dazu auf, mit Blick auf das Kongressvotum im November sämtliche Kräfte zu mobilisieren. "Wenn ihr zulasst, dass die falschen Leute gewählt werden, könnten sich die Dinge ändern."

50 zu 48 Stimmen

Kein Innehalten, kein stilles Triumphieren, stattdessen Angriffsmodus: Am Samstag hatte Trump einen der größten Erfolge seiner gut anderthalbjährigen Amtszeit gefeiert. Mit 50 zu 48 Stimmen bestätigte der Senat seinen Favoriten für den Supreme Court, Brett Kavanaugh, einen 53 Jahre alten Juristen, auf Lebenszeit ernannt und damit womöglich noch in drei Jahrzehnten in der Lage, Recht zu sprechen.

Es war seit 1881 das knappste Ergebnis, mit dem ein Bewerber für die höchste Instanz vom Parlament grünes Licht bekam. Während die Republikaner bis auf eine Ausnahme für Kavanaugh stimmten, stimmten die Demokraten bis auf eine Ausnahme dagegen. Allein Lisa Murkowski, eine moderate Senatorin aus Alaska, scherte aus der republikanischen Phalanx aus. Joe Manchin, ein Politiker aus West Virginia, der im dezidiert Trump-freundlichen Milieu seines Bundesstaats um seine Wiederwahl bangt, war wiederum der einzige Demokrat, der Kavanaughs Berufung unterstützte, begleitet von zornigen Protesten auf der Zuschauertribüne. "Schande!", schallte es durch die Kammer, als Manchin sein "Aye" zu Protokoll gab. Zwei potenzielle Wackelkandidaten, die Republikaner Susan Collins und Jeff Flake, verbündeten sich am Ende eines wochenlangen Dramas mit der Mehrheit ihrer Partei.

"Schmierenkampagne"

Vorausgegangen war die Aussage der Psychologieprofessorin Christine Blasey Ford, die vor dem Justizausschuss des Senats schilderte, wie Kavanaugh im Sommer 1982 auf einer Teenagerparty im trunkenen Zustand versuchte, sie zu vergewaltigen. Der Richter bestritt die Vorwürfe und unterstellte seinen Gegnern, eine gezielte Schmierenkampagne gegen ihn angezettelt zu haben. Die Abstimmung wurde verschoben, um in letzter Minute Recherchen des FBI zu ermöglichen, allerdings nur für maximal eine Woche. Während die Demokraten von einer zu oberflächlichen Untersuchung sprachen, die kein Licht ins Dunkel bringen konnte, sahen die Republikaner den Kandidaten durch die Nachforschungen entlastet. "Ich habe Dinge gesagt, die ich nicht hätte sagen sollen", schrieb Kavanaugh seinerseits im Wall Street Journal und ließ nach einem aggressiven Auftritt Reue erkennen. Offensichtlich reichte der angedeutete Kniefall, um Schwankende wie Collins und Flake gnädig zu stimmen.

Wie gründlich die Personalie die amerikanische Politik spaltet, war in den Debatten kurz vor der Entscheidung noch einmal in aller Schärfe deutlich geworden. Kavanaugh sei ein Superstar, lobte Mitch McConnell, die Nummer eins der Republikaner im Senat, in einer Laudatio. Brett Kavanaugh habe es nicht verdient, im Supreme Court zu sitzen, entgegnete Charles Schumer, der Fraktionschef der Demokraten. Er halte nichts vom Umweltschutz, von Frauenrechten, Bürgerrechten, den Rechten von Schwulen und Lesben, den Rechten von Ureinwohnern und denen von Arbeitnehmern. "Für die vielen Millionen, die empört sind über das, was hier geschieht, gibt es nur eine Antwort: Geht wählen!", fügte Schumer mit Blick auf das anstehende Kongressvotum hinzu.

Demokraten wollen Prüfung

Jerrold Nadler, der ranghöchste Demokrat im Justizausschuss des Repräsentantenhauses, kündigte an, die Vorwürfe gegen Kavanaugh nochmals unter die Lupe zu nehmen, falls seine Partei bei den Midterm-Wahlen die Mehrheit gewinnt. Elena Kagan, einst von Barack Obama berufene Höchstrichterin, warnte wiederum vor einer Polarisierung, bei der der Ruf des Supreme Court unter die Räder komme. Es sei "extrem wichtig", als unparteiisch und fair wahrgenommen zu werden, mahnte sie. Falls die Berufung Kavanaughs die Spaltung in zwei Lager zementiere, drohe die Reputation des Gerichts Schaden zu nehmen. (Frank Herrmann aus Washington, 7.10.2018)