Spätestens seit dem Skandal des französischen Ex-Ministers Jérôme Cahuzac, der für die Bekämpfung der Steuerflucht zuständig war, aber selber ein undeklariertes UBS-Konto führte, steht das Kürzel "UBS" in Paris für Steuertricks und unsaubere Geldgeschäfte.

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Paris – Sieben Jahre lang ermittelten zwei renommierte Pariser Untersuchungsrichter in Sachen UBS. Ihr dreifacher Vorwurf lautet auf Beihilfe zur Steuerhinterziehung, Geldwäsche von hinterzogenen Beträgen sowie illegale Kundenwerbung. Die Gerichtsverhandlung vor der neuartigen Finanzabteilung der Pariser Strafjustiz ist auf fünf Wochen angelegt, könnte aber über den 15. November hinaus dauern.

Angeklagt sind neben der Schweizer Bank sechs Bankangestellte, darunter Raoul Weil, der internationale Ex-Vermögensverwalter der UBS, der bei einem ähnlichen Justizfall in den USA einen Freispruch erwirkt hatte. Das dreiköpfige Gericht wird von einer als kompetent und fair geltenden Wirtschaftskriminalistin geleitet.

Wohlhabende Kunden umgarnt

So trocken die Tatbestände klingen, decken sie doch eine höchst schillernde Aktivität ab. Zwischen 2004 und 2012 hatte die UBS wohlhabende Kunden in Paris richtiggehend umgarnt, indem sie Opernabende und lauschige Soireen mit Stars wie Carla Bruni organisierte; potenzielle Kunden lud sie auch an Sportevents in VIP-Logen ein. Darunter waren auch prominente Namen aus dem Showbusiness und dem Sport, so zwei Nationalfußballspieler.

Unter die Gästeschar mischten sich auch UBS-Banker aus der Schweiz. Damit hätten sie verbotenerweise Kunden angeworben, macht der Staatsanwalt geltend. Die UBS bestreitet das: Die Gesandten seien nur zu "sozialen" Zwecken anwesend gewesen, was durchaus erlaubt sei. Vor Gericht werden die eingeflogenen Banker glaubhaft machen müssen, dass sie mit den geladenen Gästen nur über das Wetter und dergleichen sprachen, nicht aber über Geld.

Wenig handfeste Beweise

Umstritten ist ferner, inwieweit die UBS vielen Franzosen beim Hinterziehen der Steuern half. Die Justiz scheint wenig handfeste Beweise zu halten, hebt sie doch das bloße Indiz hervor, dass der Briefverkehr über Schweizer Bankadressen erfolgt sei. Wichtig für die Ermittlung sind Aussagen ehemaliger Mitarbeiter von UBS France, etwa der Französin Stéphanie Gibaud. Sie organisierte selbst Prestigeevents und beschrieb später in einem Buch, wie sie von ihrer Direktion mündlich angehalten worden sei, verdächtige Daten zu vernichten. Der Journalist Antoine Peillon berichtete in einem Enthüllungsbuch seinerseits, UBS France habe über ein vertrauliches "Milchbüchlein" eine doppelte Buchhaltung geführt. Auch das wäre strafbar.

Die UBS bezeichnet diese Schilderungen als frei erfunden. Da die Beweislast beim Staatsanwalt liegt, könnte das die Bank verleitet haben, aufs Ganze zu gehen. Ein relativ neues Strafprozessverfahren würde es der französischen Justiz erlauben, wie in den USA einen Vergleich mit sich schuldig bekennenden Angeklagten einzugehen. In den USA hatte sich die UBS auf diese Weise mit 780 Millionen Dollar aus der Affäre gezogen. In Paris lehnte sie diesen Ausweg vor einem Jahr ab. Finanziell erscheint das doch eher riskant: Experten schätzen einen Vergleichsbetrag auf gut eine Milliarde Euro. Wird die UBS hingegen für schuldig befunden, droht ihr eine Buße von etwa fünf Milliarden Euro.

Auch hat die Bank in der Frankreich-Affäre bereits eine empfindliche Niederlage erlitten: Der Europäische Menschenrechtsgerichtshof wies eine UBS-Klage gegen die Höhe der französischen Kaution von 1,1 Milliarden Euro anfangs 2017 als unbegründet hat.

UBS steht für Steuertricks

Die Schweizer Bank prangerte in Straßburg einen "hochpolitisierten" Prozess an. Das ist nicht ganz falsch. Spätestens seit dem Skandal des französischen Ex-Ministers Jérôme Cahuzac, der für die Bekämpfung der Steuerflucht zuständig war, aber selber ein undeklariertes UBS-Konto führte, steht das Kürzel "UBS" in Paris für Steuertricks und unsaubere Geldgeschäfte. Hoch geachtet werden hingegen Whistleblower wie Stéphanie Gibaud oder Bradley Birkenfeld.

Schon unter dem sozialistischen Präsidenten François Hollande (2012 bis 2017) verhehlte die Pariser Regierung nicht, dass sie die Causa UBS zu einer Art Schauprozess machen wolle – allein schon um das Cahuzac-Stigma loszuwerden. Seit der Wahl von Emmanuel Macron hofft die Bank auf ein etwas günstigeres Klima in Paris. Allerdings bemüht sich der französische Staatschef gerade, nicht mehr als "Präsident der Reichen" durchzugehen. Seine Wirtschafts- und Kommunikationsberater hätten sicher nichts gegen eine UBS-Verurteilung, die ein paar Milliarden in die Staatskasse spülen würde. (Stefan Brändle, 8.10.2018)