Mit dem Pendix über die Thaurer Felder gen Innsbruck radeln. Ein echtes Vergnügen.

Foto: Steffen Arora

Belastungstest im Halltal – maximale Steigung: 32 Prozent.

Foto: Steffen Arora

Auch die WM-Strecke am Rennweg wurde zu Testzwecken befahren.

Foto: Steffen Arora

Innsbruck – Knapp drei Wochen lang habe ich für den Tretlager-Blog den E-Bike-Nachrüstsatz der sächsischen Firma Pendix einem Alltagstest unterzogen. Das besondere an diesem Produkt ist, dass es verspricht, aus fast jedem Fahrrad im Handumdrehen ein E-Bike zu machen. Dazu wird ganz einfach ein Antrieb direkt ans Tretlager montiert. Der Akku findet bequem dort Platz, wo sonst die Flaschenhalterung ist.

Dieses Patent interessierte mich, weil ich zu Hause ein altes Lastenrad aus Holland stehen habe, für das ich schon länger nach Möglichkeiten suche, es mit einem E-Motor aufzumotzen. Der Pendix verspricht den Vorteil, schnell und einfach auf- und abmontiert werden zu können. So könnte man praktisch jedes Radl vorübergehend in ein Pedelec verwandeln. Mir persönlich schwebt vor, ihn am Bakfiets einzusetzen und bei Bedarf auf den Downhiller oder Freerider zu schrauben.

Stilles Vergnügen

So weit die Theorie. Als Testzeitpunkt bot sich September an, weil Innsbruck und Umgebung zu dieser Zeit wegen der Rad-WM nur eingeschränkt für den Verkehr geöffnet waren. Die rund 14 Kilometer von mir daheim ins Innsbrucker Zentrum weisen etwa 150 bis 200 Meter Höhendifferenz auf. Die ideale Teststrecke. Bewertet wurde von mir das subjektive Gefühl. Ich bin kein Techniker, sondern Nutzer, und als solcher habe ich mir angesehen, was praktisch und nützlich ist und was eben nicht.

Der größte Vorteil des Pendix ist in meinen Augen, dass er kein herkömmlicher Getriebemotor ist. Indem er direkt ans Tretlager geschraubt wird, funktioniert er völlig geräuschlos. Herkömmliche Pedelecs verursachen ein relativ nerviges Brummen. Ein Geräusch, das mich immer schon gestört hat, weil Radeln für mich geräuschlos ist. Der Pendix hingegen ist absolut still. So wird das Radfahrgefühl nicht gestört. In meinen Augen die mit Abstand beste Eigenschaft dieses Produkts.

Das Beste aus beiden Welten

Die Motorunterstützung funktioniert wie bei einem herkömmlichen Pedelec. Man muss eine gewisse Trittfrequenz erreichen, um die ideale Unterstützung zu erhalten. Für mein Dafürhalten ist die beim Pendix etwas höher als bei herkömmlichen E-Bikes mit Getriebemotor. Doch das stört im Alltagsgebrauch kaum.

Was mich ebenfalls begeistert hat, ist die Handhabung nachdem man die 27-km/h-Schwelle, bei der auch der Pendix abgeriegelt ist, überschritten hat. Denn anders als bei herkömmlichen E-Bikes fährt sich das Pendix-Bike dann einfach wie ein ganz normales Fahrrad. Auf meinem Weg nach Innsbruck bin ich teils einen 34-bis-36-km/h-Schnitt gefahren. Ohne es zu merken. Durch die Masse, die das Rad samt Akku und Motor mitbringt, rollt es recht geschmeidig, sobald es in Schwung ist. Anders als bei normalen E-Bikes bremst der Pendix nicht, wenn man über der Abriegelungsgrenze pedaliert.

So stellte sich vor allem auf längeren Strecken ein sehr feiner Flow ein. Sobald ein Anstieg kommt oder man stehenbleiben und wieder anfahren muss, hilft einem der lautlose Antrieb wie von Zauberhand. Ist man einmal in Fahrt, ist es das bekannte und geliebte Radfahrfeeling, ohne Summen oder Brummen.

Nicht fürs Gebirge gemacht

Um das Rad an seine Grenzen zu bringen, bin ich auch meine Mountainbike-Hausrunde ins Halltal damit gefahren. Schnell wurde klar, dass die Übersetzung der Acht-Gang-Nabenschaltung am Citybike einfach nicht dafür gemacht ist. Mitten im Bettelwurfeck musste ich absteigen und schieben. 32 Prozent waren letztlich zu viel der Steilheit. Aber die restliche Strecke nach St. Magdalena hat das Rad brav durchgehalten. Der Akkuladestand wies nach der Tortur immer noch 60 Prozent auf, was einer Reichweite von 47 Kilometern entsprechen soll. Im voll aufgeladenen Zustand meldet die kostenlose App eine Reichweite von 78 Kilometern.

Bergab testete ich dann nebenbei die Bremsen. Bei etwas über 60 km/h begannen die alsbald rot zu glühen. Kurz dachte ich ob des Geruchs sogar an einen Kurzschluss. Diese Erfahrung zeigte mir, dass man auf jeden Fall ein Rad mit guten Scheibenbremsen wählen sollte, wenn man sich mit der Idee eines solchen Nachrüstsatzes spielt. Denn diese Bikes schieben allein durch ihr Eigengewicht ganz ordentlich bergab.

Leistungseinbußen bei Überbelastung

Beim Extremtest zeigte sich eine kleine Schwachstelle des Motors. Bei zu großer und zu langer Belastung kommt es zur Überhitzung, und das kann Leistungseinbußen bedeuten, wie Pendix-Techniker Christian Hennig bestätigte. Das kann übrigens auch an sehr heißen Tagen passieren. In meinem Alltagstest hatte ich nur einmal das Gefühl, dass die Motorleistung nachlässt. Im besagten Halltal.

Eine andere Besonderheit, die es zu beachten gilt, ist das Nachschieben/-laufen des Antriebes. Weil der Pendix eben direkt mit dem Pedal gekoppelt ist und es im Motor keinen Freilauf gibt, kann es nach längerem Pedalieren zu einem minimalen Nachschieben kommen. Das heißt, man hört eigentlich auf zu pedalieren, aber der Motor und damit das Pedal drehen noch ganz kurz weiter. Für den Bruchteil einer Sekunde, aber es ist gewöhnungsbedürftig und kann Ungeübte ungut überraschen.

Akku als Schwachstelle

Eine Schwachstelle, die der Pendix mit allen Pedelcs, die ich bisher gefahren bin, teilt, ist der scheppernde Akku. Sobald man Unebenheiten überfährt oder gar auf Schotter unterwegs ist, klappert der Akku am Rahmen ein wenig. Versierte E-Biker im Bekanntenkreis lösen das Problem, indem sie kleine Schaumstoffstücke zwischen Akku und Rahmen einklemmen.

Was im Alltagsgebrauch auch etwas lästig ist: Der Akku kann mit nur einem Handgriff vom Rad gelöst werden. Das heißt, man muss ihn eigens sichern, wenn man das Rad in der Stadt abstellt. Oder man schleppt ihn mit. Wobei er nicht leicht ist und zudem klobig. Zwar gibt es eine kleine Metallöse, die man herausziehen kann, um ein dünnes Schloss einzufädeln und den Akku damit zu sichern, aber eine diebstahlsichere Lösung wäre wünschenswert.

Pendix ist sein Geld wert

Nach fast drei Wochen Testradeln wird es mir schwerfallen, den Pendix wieder nach Sachsen zurückzuschicken. Für meine Alltagswege hat sich dieses Modell als ideale Mobilitätslösung erwiesen. Der Preis von 1.690 Euro ist zwar kein Schnäppchen, aber man merkt, dass es sich um ein deutsches Qualitätsprodukt handelt. Was mich wirklich begeistert an diesem System, ist die Lautlosigkeit. Das ist das erste unterstütze Rad, das ich fahren durfte, das zu 100 Prozent Radfahrfeeling gibt.

Mit 50 Nm liegt der Pendix in Sachen Kraft deutlich hinter den elektrischen Bergziegen der großen Mountainbikeaufrüster. Aber für den Alltagsgebrauch mit üblichen Anstiegen reichen die 400 W Motorleistung problemlos aus.

Fast alle Räder lassen sich mit dem Nachrüstsatz zum E-Bike aufmotzen. Die Bedenken, dass es zu einer Überlastung der Rahmen kommen könne, zerstreut Techniker Hennig: "Das Tretlager, dort, wo der Pendix montiert wird, ist zugleich die steifste und robusteste Stelle am Rahmen." Trainierte Radler brächten da weit mehr Kraft zur Wirkung als der Motor. Ich persönlich würde empfehlen, zumindest ein Rad mit Scheibenbremsen zu verwenden.

Ideal für Alltag, weniger fürs Gebirge

Angesichts der einfachen Handhabung und der Geräuschlosigkeit ist der Pendix für mich eine echte Option fürs Alltagsrad. Am Mountainbike würde ich wohl eher eine Komplettlösung eines klassischen Getriebemittelmotors mit etwas mehr Nm bevorzugen und keinen Nachrüstsatz. Aber immerhin ein Drittel aller Pendix-Kunden sind Mountainbiker, sagt die Firma. Und deren Feedback sei durchwegs positiv.

Wenn Sie spezifische Fragen zur Handhabung des Rades und des Motors haben, posten Sie bitte unten im Forum, und ich werde sie gerne beantworten. Und noch der Vollständigkeit halber: Nein, ich habe von Pendix nichts geschenkt oder bezahlt bekommen. Der Testbericht spiegelt meine persönliche Erfahrung wider. (Steffen Arora, 9.10.2018)