Laut WHO ist fast jeder dritte im Laufe seines Lebens von mindestens einer psychischen Krankheit betroffen. Hilfe soll es via Telefon geben, fordern Experten.

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In Österreich geschieht zu wenig für Menschen mit psychischen Erkrankungen. Laut Werner Schöny, Ehrenpräsident des österreichischen Dachverbands Pro Mente Austria, seien psychische Krankheiten ein unterschätztes Phänomen. Die Zahl der Betroffenen ist aber groß: Eine im Frühjahr veröffentlichte Studie besagt, dass 15,5 Prozent der Weltbevölkerung 2016 ein psychisches Leiden hatten. Die WHO sagt für 2030 voraus, dass Depressionen, Alzheimer und Alkoholabhängigkeit zu den Top fünf der weltweit häufigsten Krankheiten zählen werden.

Auch sind psychische Krankheiten immer noch ein gesellschaftliches Tabuthema. Dies habe sich zwar laut Günter Klug, Präsident von Pro Mente Austria, verbessert. An den höheren Zahlen der psychischen Erkrankungen erkenne man, dass sich mehr Kranke Hilfe holen und die Dunkelziffer schrumpfe. Klug sieht bei der gesellschaftlichen Akzeptanz aber noch Verbesserungspotenzial.

Notrufnummer gefordert

Viele Menschen werden mit lebensverändernden Krisen, wie Trennungen oder plötzlichem Jobverlust, konfrontiert. Bei psychischen Erkrankungen ist nach Monika Czamler von Pro Mente Oberösterreich erste Hilfe und als zweiter Schritt eine professionelle Unterstützung sehr wichtig: "Es braucht ein österreichweites Krisentelefon." In Linz wird ein solches schon angeboten, jedoch fordert Czamler eine Ausweitung mit einer dreistelligen Nummer auf alle Bundesländer.

Wie bei der körperlichen ersten Hilfe sollte diese auch bei seelischen Belangen eine Selbstverständlichkeit sein. Hilfestellungen, wie die stabile Seitenlage, kennen viele, bei psychischen Krankheiten fehle es jedoch an Know-how. Pro Mente informiert mithilfe der Broschüre "Erste Hilfe für die Seele". Wichtig sei es, präventiv tätig zu sein und damit einen Ausbruch zu verhindern und Betroffene zu unterstützen.

Situation am Arbeitsplatz

Im internationalen Vergleich schneidet Österreich laut einem Bericht der OECD hinsichtlich der Beschäftigung von psychisch Erkrankten schlecht ab. Während in Österreich 55 Prozent der Menschen mit psychischer Erkrankung arbeiten, sind es in der Schweiz 80 Prozent. Die Arbeitswelt habe sich verändert, denn einfache Tätigkeiten, die einen leichteren Wiedereinstieg ermöglichen, existieren nicht mehr. Arbeit sei jedoch wichtig für die Genesung, denn durch den Wiedereinstieg steigere sich das Selbstwertgefühl, so Klug.

Oft herrsche aber die gängige Meinung: Genesung vor der Rückkehr in den Job. Dies funktioniere aber bei psychischen Krankheiten nicht, denn chronische Arbeitslosigkeit bedeute Stress und mache krank. (Laura Schwärzler, 9.10.2018)