Wolfgang Blau glaubt nicht an ein europäisches Youtube.

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Wien – Europa muss sich von seiner defensiven Haltung lösen, wenn es im digitalen Zeitalter mithalten will, sagt Wolfgang Blau, Präsident des Verlagshauses Conde Nast International, am Montag im Rahmen der EU-Medienkonferenz "Challenging (the) Content" in Wien. Der Kurs der europäischen Politik gehe momentan dahin, dominante Player einzuschränken. Man müsse sich fragen, ob damit nicht nur versucht werde, den alteingesessenen Playern mehr Zeit zu verschaffen. Es scheine, als versuche man sich darauf zu beschränken, dass man "in der Defensive viel besser spielt als in der Offensive", so Blau, der seine Pläne zuvor bereits im Gespräch mit dem STANDARD präsentierte.

Mit einer Zerschlagung von Facebook allein werde sich die internationale Entwicklung aber ohnehin nicht aufhalten lassen. Schließlich gebe es kein einziges europäisches Unternehmen, das den bestehenden Plattformen Konkurrenz machen könnte.

An die viel beschworenen europäischen Nachahmungen amerikanischer Plattformen glaubt der Deutsche nicht. Das europäische Youtube oder Netflix entspringe "eher dem Leidensdruck der Inhalteanbieter als dem der Konsumenten", wie Blau der Nachrichtenagentur dpa sagte.

Stattdessen soll die EU lieber Marktlücken finden und füllen. Es fehle etwa noch eine Schnittstelle zur Textübersetzung. "Wer, wenn nicht Europa" sollte so etwas vorantreiben, fragte der Experte mit dem Hinweis auf die große Erfahrung im Umgang mit den vielen Sprachen Europas.

Nebeneffekt der Technologie: Die Sprachbarrieren in der Union würden schrumpfen. Das würde wiederum europäischen Inhalten dabei helfen, sichtbarer zu werden. So könne die Schnittstelle etwa zur Synchronisierung von Filmen verwendet werden.

Die Finanzspritze für die Erforschung und Entwicklung einer solchen Technologie soll von der EU kommen, Blau schlägt eine Milliarde Euro vor.

Keine Toleranz für Piraterie

Auch Charles Rivkin will keine neuen Regeln für Internetkonzerne, stattdessen sollen bestehende Gesetze strenger exekutiert werden. Rivkin ist Präsident der Motion Picture Association of America (MPAA), in der große Filmstudios wie Disney, Warner Bros, 20th Century Fox oder Paramount vereint sind. Die MPAA sieht er aber nicht als Vereinigung von Filmproduzenten, sondern als "Allianz von Contentbeschützern". Von den Regierungen wünscht er sich eine "Nulltoleranzpolitik" und eine "Kultur der Verantwortung" was Internetpiraterie betrifft. Sie soll nämlich allein in Europa "Millionen von Jobs" kosten.

Der für Medien zuständige Kanzleramtsminister Gernot Blümel betonte in seiner Rede einmal mehr die Zusammenarbeit auf europäischer Ebene. Von der Medienenquete im Juni habe er gelernt, dass es wichtig sei, "Differenzen beizulegen". Medienpolitik könne nicht nur im nationalen Rahmen gestaltet werden.

Einen wichtigen Schritt in Richtung eines faireren Wettbewerbs sieht Blümel in der nunmehr weit fortgeschrittenen Weiterentwicklung des EU-Urheberrechts. Er hoffe, dass die Copyright-Richtlinie noch in diesem Halbjahr abgeschlossen werde, so der Minister. "Nach zwei Jahren der Diskussionen", sieht auch die EU-Kommissarin für digitale Wirtschaft und Gesellschaft, Mariya Gabriel, die Richtlinie nun auf Schiene.

Bei den im audiovisuellen Sektor momentan dominierenden Streaming- und Video-on-Demand-Plattformen brauche es jedenfalls Veränderungen: Letztere sollen nach den Vorstellungen der EU-Kommission dazu verpflichtet werden, in Europa zumindest 30 Prozent europäischen Content anzubieten, so Gabriel in einer Videobotschaft. (APA, pp, 8.10.2018)