Donna Strickland ist nun eine von drei Nobelpreisträgerinnen für Physik.

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Die Themenvielfalt für Autorinnen feministischer Blogs ist derzeit geradezu erdrückend. Empfehlungen aus dem Innenministerium zu Informationsverzerrungen bei Berichterstattung über sexuelle Gewalt, Brett Kavanaugh und nun auch noch das Urteil gegen Sigi Maurer. Alles wenig erfreulich.

Richten wir den Blick deshalb doch mal auf die Wissenschaft, wo die letzte Woche, gendermäßig gesehen, nun ja, wenigstens durchwachsen war. Wo es zwar Schatten, aber eben auch ein kleines bisschen Licht gab. Es begann so: Erst war von einer Rede eines (inzwischen ehemaligen) Gastforschers am Europäischen Kernforschungszentrum (Cern), Alessandro Strumia, zu lesen. Vorwiegend vor Physikerinnen (bei der betreffenden Veranstaltung ging es um das Geschlechterverhältnis in der Physik) hat er sich lang und breit darüber ausgelassen, dass Männer keine Extraeinladung bekommen hätten, wie es jetzt dauernd bei Frauen mit Förderprogrammen in der Wissenschaft der Fall wäre. Männer hätten sie immerhin begründet, die Physik! Und jetzt werden da überall diese Frauen reinreklamiert. Frechheit. Er selbst wäre schon mal besser geeignet gewesen für einen Job, den dann, raten Sie mal, eine dieser Quotenfrauen bekommen hat.

Verbote sind doch keine Hürden!

Ja, Frauen hätten nun wirklich die Physik selbst begründen können, allen Verboten zum Studieren zum Trotz und trotz fehlender Empfängnisverhütung und Abtreibungsverboten und dem nötigen Sanctus des Gatten, überhaupt arbeiten gehen zu dürfen – und das waren erst die Hürden des letzten Jahrhunderts.

Offenbar ist es von einem Forscher zu viel verlangt, halbwegs in Zusammenhängen zu denken. Oder er hätte einfach ein bisschen warten sollen mit seinen Weisheiten, zum Beispiel bis zur Bekanntgabe der diesjährigen Nobelpreise. Von den bisherigen Nobelpreisen, inklusive Frieden und Wirtschaft, gingen dieses Jahr drei an Frauen und zehn an Männer. Unter den Preisträgerinnen ist Donna Strickland, die sich den Physiknobelpreis mit Gérard Mourou und Arthur Ashkin teilt. Sie ist die erste weibliche Physiknobelpreisträgerin seit 55 Jahren. Noch einmal ausgeschrieben: seit fünfundfünfzig Jahren. Insgesamt ist sie überhaupt erst die dritte Frau, die einen Physiknobelpreis bekommt, nach Marie Curie und Maria Goeppert-Mayer. Der Preis für Donna Strickland ist also wirklich nur ein schwach schimmerndes Lichtlein.

Sexismus ist kein Argument

Mehr oder weniger vor fünfzig Jahren wurden die verschiedensten gesetzlichen Diskriminierungen für Frauen in vielen Industrieländern aufgehoben – und trotzdem bekam in der Zeit keine Frau einen Physiknobelpreis. Und nein, "Frauen sind nicht so auf Anerkennung aus" oder "Frauen mögen halt keine Naturwissenschaften" sind keine Argumente. Sexismus ist keine Antwort auf die Frage, warum die Lage noch derart dürftig ist, sondern die Ursache, Gruß an Strumia. Der meinte in seiner Rede nämlich auch, dass sich "Männer nun mal lieber mit Dingen und Frauen mit Menschen" befassen. Ob er für diese Behauptung alle Männer und alle Frauen der Welt befragt hat, dürfen wir bezweifeln.

Als Strickland am 2. Oktober 2018 den Nobelpreis bekam, wurde übrigens bekannt, dass sie genau bis zu diesem Datum keinen Wikipedia-Eintrag hatte. Die Laserphysikerin hatte zwar einige wichtige Funktionen inne und war offensichtlich an einer wichtigen Sache dran, aber für Wikipedia war sie nicht relevant genug. "Die genannten Referenzen zeigen nicht, dass sie sich für einen Eintrag qualifiziert", heißt es in der Begründung. Vielleicht war der Autor dieser Zeilen aber auch nur davon überzeugt, Strickland habe zu viele "Extraeinladungen" bekommen. (Beate Hausbichler, 10.10.2018)