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"Hambi", wie der Wald liebevoll von den Aktivisten genannt wird, soll bleiben.

Foto: Reuters/WOLFGANG RATTAY

Nach dem vorläufigen Rodungsstopp im Hambacher Forst sind am Sonntag nicht nur Aktivisten in das Waldgebiet zurückgekehrt, auch ein siebenstelliges Angebot kam auf den Tisch: Die Öko-Suchmaschine Ecosia will dem Energiekonzern RWE das verbleibende Waldstück um eine Million Euro abkaufen. Das Angebot gilt nach Angaben des Unternehmens bis 31. Oktober.

RWE wollte zuvor einen Großteil des Waldes abholzen, um Braunkohle abzubauen. Umweltaktivisten machten dem Energiekonzern einen Strich durch die Rechnung und besetzten das Waldgebiet mit Zelten und Baumhäusern. Nach zahlreichen Protesten kam es vergangene Woche durch eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Münster zu einem Rodungsstopp. Laut dem OVG muss erst geklärt werden, ob der Wald nach der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie der EU geschützt werden muss. Der Hambacher Forst in Nordrhein-Westfalen war ursprünglich rund 4.000 Hektar groß, nach jahrelangen Rodungsarbeiten sind heute nur mehr 200 Hektar übrig.

Umweltschützer im Hambacher Forst.
Foto: APA/Fassbender

Ecosia geht davon aus, dass die RWE-Tochtergesellschaft Rheinbraun in den 1970er-Jahren rund eine halbe Million Euro für den Wald gezahlt hat. "Angesichts des Grundstückspreises, den RWE einst zahlte", schreibt die Suchmaschine, "ist dies ein faires Angebot." In Anbetracht der zu erwartenden Umsätze durch den Braunkohleverkauf sei es jedoch "vielleicht nicht genug". Ecosia rief daher auch andere Unternehmen und Institutionen auf, in das Angebot einzusteigen und es damit zu erhöhen.

Breite Unterstützung

Die Initiative "Retten statt roden" der Umweltorganisation Greenpeace trifft in Deutschland auf breite Unterstützung. Mehr als 818.000 Menschen haben die Petition bereits unterzeichnet. Dem Meinungsforschungsinstituts Emnid zufolge sind rund drei Viertel aller Deutschen gegen die Rodung des Hambacher Forstes.

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Am Samstag fand am Hambacher Forst eine Großdemo statt.
Foto: Reuters/WOLFGANG RATTAY

Mit einer Großdemonstration hatten am Samstag tausende Umweltschützer am Hambacher Forst gegen den Kohleabbau demonstriert und den vorläufigen Rodungsstopp gefeiert. Die Veranstalter, darunter Greenpeace und der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (Bund), sprachen von rund 50.000 Teilnehmern und der "bisher größten Anti-Kohle-Demonstration im Rheinischen Revier". Die Polizei schätzte die Teilnehmerzahl hingegen deutlich niedriger.

Polizei wird abgezogen

Ein Polizeisprecher berichtete am Sonntag von Barrikaden auf den Wegen und "zeltähnlichen Strukturen" am Boden, die mit Brettern verbaut seien. Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) kündigte unterdessen den Abzug der Polizei aus dem Hambacher Forst an.

"Mit der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Münster ist die Rodung des Hambacher Forstes mindestens für die kommenden zwei Jahre vom Tisch", erklärte Reul am Sonntag. Es sei jetzt an der Zeit, dass im Wald "Ruhe, Ordnung und Frieden einkehren". Die Polizei werde Montagfrüh ihre Hundertschaften aus dem Hambacher Forst abziehen. Reul appellierte zugleich an die Umweltschützer, die Chance zur Befriedung zu nutzen und "den Abzug der Polizei nicht dazu zu missbrauchen, erneut widerrechtlich Baumhäuser und Barrikaden zu errichten".

Aktivisten wollen bleiben

Mehrere Initiativen hatten dazu aufgerufen, neue Baumhäuser zu errichten. Die Aktion Unterholz hatte am Wochenende eine "neue Besetzung" des Waldgebiets angekündigt. Auch das Aktionsbündnis "Ende Gelände" erklärte, bis zu einem Kohleausstieg bleiben zu wollen. "Wir freuen uns über weitere Baumhäuser und Strukturen", hieß es auf Twitter.

Umweltaktivisten wollen weiter im Wald bleiben.
Foto: APA/SASCHA SCHUERMANN

Ein Polizeisprecher sagte, es seien erneut Strukturen in Form von kleinen Siedlungen entstanden. Nach Einschätzung der Polizei sind die neu errichteten Behausungen aber bisher nicht vergleichbar mit den Baumhäusern, die von der Polizei zuvor geräumt worden waren.

Energiekonzern will Kohleförderung drosseln

RWE kündigte unterdessen am Dienstag an, man wolle die Braunkohleförderung im Tagebau Hambach drosseln. "In einer ersten Bewertung haben wir Minderförderleistungen von etwa zehn bis 15 Millionen Tonnen Braunkohle jährlich unterstellt", zitierte der "Spiegel" einen Konzernsprecher.

Der Rückgang der Förderung betrage damit 25 bis 38 Prozent. Der RWE-Sprecher rechnet damit, dass "Ende 2019" die Kohlebagger allmählich zum Stillstand kommen. (lauf, APA, 9.10.2018)