Mit ihrem Headset für Blinde hat Clara Fessler die nationale Aussscheidung des James Dyson Award gewonnen.

Foto: Loinger Benjamin

Der Prototyp des futuristisch anmutenden Sprachassistenten Rey.

Foto: James Dyson Award

Den Schlüssel einmal nicht auf den üblichen Platz gelegt, und schon kann es für Menschen mit Sehbehinderung zur Herausforderung werden, ihn wiederzufinden. Und das ist nur ein Beispiel für alltägliche Erschwernisse. Clara Fessler hat sich mit diesem Problem auseinandergesetzt und in ihrer Masterarbeit im Studiengang Industrial Design an der FH Johanneum den Sprachassistenten "Rey" entworfen. Dafür gewann die 25-Jährige den James Dyson Award auf nationaler Ebene.

Wie ein stylisches Headset trägt man Rey auf dem Kopf. Mit einer Kamera, Sensoren und speziellen Kopfhörern ausgestattet, übernimmt das futuristisch anmutende Gadget unter anderem die Aufgaben eines Smartphones, schreibt mithilfe eines Sprachassistenten Nachrichten, tätigt Anrufe oder googelt nach Informationen.

Außerdem verrät es seinem Träger die genaue Position eines gesuchten Gegenstandes, und zwar mithilfe von Tönen, die immer schneller werden, wenn sich die Hand des Trägers dem gesuchten Objekt nähert. Die sprachbasierte Bedienung funktioniert freihändig – ein wichtiger Punkt, wenn etwa ein Blindenstock benutzt wird. Über Vibrationsmuster hilft Rey bei der Navigation und signalisiert, wann und in welche Richtung man abbiegen muss.

Erhellende Interviews

Bevor Fessler mit dem Entwurf begann, verbrachte sie viel Zeit mit Interviews. In Kontakt zu Menschen mit Sehbehinderung kam sie über das Odilien-Blindeninstitut Graz, an dem ihr Vater arbeitet, sowie über den Blinden- und Sehbehindertenverband Steiermark. "Bei der Entwicklung eines Produktes ist es wichtig, dass man versteht, was eigentlich gebraucht wird", sagt Fessler. Ein Studienteilnehmer erzählte etwa, er rufe seine Schwester über Facetime an, wenn er einen Gegenstand suche. Dann halte er die Handykamera in die Richtung, in der er ihn vermutet. Statt seine Schwester anzurufen, könnte er in Zukunft Rey fragen.

Außerdem ergab sich aus den Interviews, dass statt herkömmlicher Kopfhörer Knochenkopfhörer zum Einsatz kommen sollten. Denn wer kaum oder nicht sieht, ist darauf angewiesen, seine Umgebung zu hören. Ein Kopfhörer im Ohr stört. Knochenkopfhörer schicken den Ton mittels Vibration über den Schädelknochen ins Ohr.

Formen der Wahrnehmung

Am James Dyson Award nehmen 27 weitere Länder teil. Unter den jeweiligen nationalen Gewinnern kürt die Jury nun ein Siegerprojekt. Die Bekanntgabe erfolgt am 15. November. Mithilfe der Aufmerksamkeit, die das Projekt durch den Preis gewonnen hat, hofft Fessler, dass es jetzt zur tatsächlichen Umsetzung ihres Sprachassistenten kommt. Benannt hat Fessler ihre Erfindung übrigens nach dem ägyptischen Gott Re und dem Horusauge, das für verschiedene Formen der Wahrnehmung steht.

Diese Idee steht auch Pate für ein zukünftiges Projekt, das sich aus der Recherche für Rey ergeben hat. Fessler will eine Virtual-Reality-Erfahrung konzipieren, um besser nachvollziehbar zu machen, wie Menschen mit verschiedenen Seheinschränkungen die Welt sehen. Denn viele Probleme drehen sich um Verständnisfragen zwischen Sehenden und Nichtsehenden, sagt Fessler: "Technologische Innovationen sind wichtig, aber was es genauso braucht, ist mehr Kommunikation." (alp, 14.10.2018)