Donald Trump könnte sich bei vielen Menschen entschuldigen. Etwa bei jenen 22 Frauen, die ihm sexuelles Fehlverhalten vorwerfen. Bei eigentlich allen Opfern dafür, dass er auf Tonband die Belästigung von Frauen lobte und zum Normalfall erklärte. Bei eigentlich allen Frauen dafür, dass in Zukunft jemand am Supreme Court sitzt, der wohl ihr Recht auf ihren eigenen Körper einschränken wird. Doch der US-Präsident entschuldigt sich bei Brett Kavanaugh, jenem Erzkonservativen, der trotz mehrfacher Vorwürfe sexueller Übergriffe, trotz unglaubhafter Aussagen unter Eid, trotz deutlich demonstrierter Parteilichkeit auf Lebenszeit Recht am US-Höchstgericht sprechen darf.

Trump entschuldigt sich "im Namen der Nation" für "den furchtbaren Schmerz und das furchtbare Leid", das Kavanaugh und seine Familie "ertragen mussten". Dabei – und mit unglaublichen Behauptungen über "beängstigende Zeiten" für Männer – hat er natürlich die weiße, männliche Wählerschicht im Auge. Für Christine Blasey Ford, jene Frau, die Kavanaugh versuchte Vergewaltigung vorwirft, muss es wirken wie blanker Hohn. Denn sie ist es, die seit Wochen mit Hassbriefen und Todesdrohungen zu kämpfen hat, die deshalb mit ihrer Familie mehrmals umziehen musste und immer noch nicht wieder in ihrem Zuhause wohnen kann.

Kein Strafverfahren

Was wäre das Schlimmste, das Kavanaugh hätte passieren können? Er hätte den Job am Supreme Court nicht bekommen. Er wäre wieder "normaler" Richter geworden. Es handelte sich um kein Strafverfahren, er wäre nicht eingesperrt worden. Was wäre das Schlimmste, was Christine Blasey Ford hätte passieren können? Es ist bereits eingetreten: Ihr Wort zählt nicht, ihre Vorwürfe wurden vor der ganzen Welt ins Lächerliche gezogen.

Es war das Lachen. Das laute Lachen, das Ford von ihren Angreifern in der Nacht vor 36 Jahren im Gedächtnis blieb. Ein Lachen, das sie noch einmal von Trump und all seinen Unterstützern hören musste, als er sie in aller Öffentlichkeit verspottete. Und da wundern sich manche tatsächlich immer noch, warum sich Opfer sexueller Übergriffe nicht melden. (Noura Maan, 9.10.2018)