Der Gesang der Wachtelmännchen ist zur Brutzeit weithin hörbar. Sichtbar sind die Hühnervögel selten: Sie leben äußerst versteckt.

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Wachteln sind die kleinsten Hühnervögel Europas: Sie sind nur ungefähr so groß wie Amseln, wenn auch viel rundlicher. Nicht nur sind ihr Fleisch und ihre Eier beliebte Delikatessen, die Vögel sind im Mittelmeerraum auch eine begehrte Jagdbeute.

Da die wildlebenden Populationen diesem Druck nicht standhalten könnten, werden sie in vielen Ländern laufend mit Vögeln aus Zuchtfarmen aufgestockt – eine aus Naturschutzsicht fragwürdige Praxis.

Die europäische Wachtel (Coturnix coturnix) ist ein typischer Zugvogel: Sie brütet in Europa, verbringt den Winter jedoch in Afrika. Als Lebensraum bevorzugt sie offene Flächen mit ausreichend Versteckmöglichkeiten, wie stillgelegte Areale, Wildäcker und Ackerrandstreifen. Durch die Intensivierung der Landwirtschaft und die Bejagung ist die Population in vielen Ländern seit Jahrzehnten im Rückgang begriffen.

Wie viele Tiere es in einer bestimmten Gegend gibt, ist nicht leicht festzustellen, denn Wachteln sind vor allem in der Morgen- und Abenddämmerung aktiv und pflegen allgemein eine sehr verborgene Lebensweise.

Zählungen beruhen daher gewöhnlich auf dem sogenannten Wachtelschlag: Das ist der Gesang der Männchen zur Brutzeit, der bis zu einem halben Kilometer weit hörbar sein kann. In Österreich geht man derzeit von etwa 5000 bis 10.000 rufenden Männchen aus.

Domestiziertes Wunderhuhn

Mit ihren charakteristischen Lauten locken die Männchen potenzielle Partnerinnen an und paaren sich dann mit mehreren Weibchen. Danach sind die Wachteldamen allerdings auf sich allein gestellt: Sie scharren eine Mulde in den Boden, kleiden sie mit Grashalmen und Ähnlichem aus und legen schließlich sieben bis zwölf Eier, die sie rund zweieinhalb Wochen bebrüten.

Bereits wenige Stunden nach dem Schlüpfen können die Jungen das Nest verlassen, und nach weiteren 19 Tagen sind sie bereits voll flugfähig. Die meiste Zeit ernähren sich Wachteln von grünen Pflanzenteilen, Samen und Getreidekörnern. Lediglich im Sommer nehmen sie auch Käfer und fallweise Schnecken zu sich.

Prinzipiell sind in Gehegen gehaltene europäische Wachteln recht gut zu züchten – allerdings nicht so gut wie domestizierte Japanwachteln (Coturnix japonica), die nah mit ihnen verwandt sind und ihnen auch sehr ähnlich sehen. Japanwachteln werden schon so lange als Geflügel gehalten und auf Fleisch- und Eierproduktion hin gezüchtet, dass sich die domestizierten Tiere mittlerweile von der Wildform deutlich unterscheiden: Während wildlebende Japanwachteln nur 90 bis 100 Gramm schwer werden, können die domestizierten Vögel mehr als 300 Gramm auf die Waage bringen.

Außerdem kommt die Wildform gerade einmal auf bis zu 14 Eier pro Jahr, die domestizierte Variante jedoch auf mehr als 200, wobei die Eier auch noch erheblich größer sind. Ein wichtiger Unterschied ist auch, dass die domestizierten Japanwachteln keine Zugunruhe zeigen.

Für die Nachbesetzung in freier Wildbahn zieht man in den Mittelmeerländern bevorzugt Japanwachteln bzw. Kreuzungen zwischen ihnen und europäischen Wachteln auf. Die Einbringung des fremden Erbgutes birgt jedoch Gefahren für die wilden heimischen Wachteln: Vor allem ihr Wander- und Fortpflanzungsverhalten könnte sich dadurch nachhaltig ändern.

Abgeschwächtes Zugverhalten

"Aus Laborversuchen ist bekannt, dass bereits Hybride der ersten Generation ein deutlich abgeschwächtes Zugverhalten zeigen", sagt Valeria Marasco vom Konrad-Lorenz-Institut für Vergleichende Verhaltensforschung (KLIVV) der Veterinärmedizinischen Universität Wien. "Außerdem erreichen männliche Hybride eine höhere Befruchtungsrate als die wilde Ausgangsform." Unter diesen Umständen verwundert es nicht, dass Simulationsmodelle ergeben haben, dass eine Vermischung des Erbgutes der beiden Arten zu erwarten ist.

In der Folge haben etliche europäische Länder, wie Italien, Spanien, Portugal und Griechenland, die Aussetzung von Japanwachteln und Kreuzungen mit ihr verboten. Nur noch die – bei den Züchtern unbeliebten – wilden europäischen Wachteln sollen als "Ausgangsmaterial" dienen. Valeria Marasco und ihre Kollegen vom KLIVV haben nun Wachteln aus Gehegehaltung genetisch unter die Lupe genommen, um herauszufinden, inwieweit bereits eine Durchmischung stattgefunden hat.

Sizilianisches Experiment

Untersucht wurden in Sizilien lebende Vögel, wo es seit zehn Jahren eine wissenschaftliche Zuchtanstalt für europäische Wachteln gibt. Die Gründertiere – insgesamt rund 60 Weibchen und 120 Männchen – sind allesamt Wildfänge, die während der Brutsaisonen 2008, 2009 und 2010 gefangen wurden. Ihre Nachkommen werden in der Forschungseinrichtung in Sizilien und seit dem Vorjahr zu einem Teil auch am KLIVV gehalten.

Marasco und ihre Kollegen untersuchten das Erbgut von 20 italienischen und 33 Wiener Vögeln und verglichen es mit dem von 23 domestizierten Japanwachteln einerseits und 20 wilden europäischen Wachteln andererseits. Das beruhigende Ergebnis: Die in der Studie untersuchten Wachteln weisen bis jetzt keine Durchmischung mit ihren asiatischen Verwandten auf.

In Österreich hat die Wachteljagd übrigens keine Tradition: "Das hängt sicher auch mit der Größe und Auffindbarkeit dieser Art in unserer zumindest zur Vegetationsperiode doch deckungsreichen Landschaft zusammen", wie Wolfgang Vogl, ebenfalls vom KLIVV, erklärt. "Die karstigen und vegetationsarmen Habitate in den Mittelmeerländern bieten prinzipiell weniger Versteckmöglichkeiten, wobei dort dann auch die Konzentration von durchziehenden Individuen an verbliebenen geeigneten Rastplätzen die Erreichbarkeit und dadurch die Bejagung dieser Art erst möglich macht." (Susanne Strnadl, 13.10.2018)