Nikki Haley war seit 2017 die UN-Botschafterin der Vereinigten Staaten.

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Nikki Haley, Donald Trumps Uno-Botschafterin, hat völlig überraschend ihren Rücktritt bekanntgegeben. Spätestens im Jänner wird die Republikanerin, der Ambitionen aufs Weiße Haus nachgesagt werden, ihren Posten am New Yorker East River verlassen.

Es war ein Abschied mit Treueschwüren, den Trump und Haley am Dienstag im Oval Office zelebrierten. Seinen einstigen Außenminister Rex Tillerson hatte der Präsident mit einem Tweet gefeuert, ohne ihm einen letzten Auftritt in Würde zu gönnen. Im Falle Haleys dagegen bot er all seinen Charme auf, um schönste Harmonie vorzuspielen. "Sie hat einen fantastischen Job gemacht, wir beide zusammen haben einen fantastischen Job gemacht", schmeichelte er.

Die Vereinigten Staaten, gab Haley das Lob zurück, hätten sich wieder Respekt verschafft. "Manchen Ländern gefällt vielleicht nicht, was wir tun. Aber sie respektieren, was wir tun. Die USA sind wieder stark", sagte sie, um noch ein Extralob hinzufügen – für Trumps Tochter Ivanka und deren Mann Jared Kushner, dessen "verborgenes Genie" nicht angemessen gewürdigt werde.

So verabschiedet sich niemand, der keine politischen Pläne mehr hat – zumal in einer Republikanischen Partei, die nach anfänglichem Widerstand nunmehr fast ohne Abstriche eine Trump-Partei ist. Haley, Tochter indischer Einwanderer, gilt als aufstrebender Star in den Reihen der Konservativen – und damit als potenzielle Bewerberin fürs Weiße Haus. Zwar dementiert sie Gerüchte, nach denen sie bereits 2020 an den Start des Rennens gehen könnte: Sie betont, sie werde für Trump Wahlkampf machen. Wohl aber könnte sie in ihrem Heimatstaat South Carolina für einen Sitz im US-Senat kandidieren – was wiederum ein Sprungbrett wäre, um vielleicht 2024 ins Duell um die Präsidentschaft zu ziehen.

Interne Querelen?

Der Sprung auf einen Schlüsselposten im Kabinett Trumps indes schien ihr auf absehbare Zeit verwehrt, worin das wahre Motiv ihres Rücktritts liegen dürfte. Es hat ja durchaus Tradition, dass amerikanische UN-Botschafter nach einer gewissen Zeit ins Zentrum der Regierung wechseln. Madeleine Albright wurde unter Bill Clinton Außenministerin, Susan Rice unter Barack Obama Nationale Sicherheitsberaterin.

Dass Haley ausscheidet, statt aufzurücken, hat wohl in erster Linie mit zwei Hardlinern zu tun, die sie mehr und mehr an den Rand drängten: Mike Pompeo und John Bolton – der eine Chefdiplomat, der andere Sicherheitsberater, beide im Frühjahr ernannt – verstehen sich als Alphatiere, die eine UN-Botschafterin wohl allenfalls pro forma in Entscheidungsprozesse einbeziehen.

Pompeos Vorgänger Tillerson, ein phlegmatisch wirkender Ölmanager aus Texas, hatte zum einen mit Trump gefremdelt und zum anderen die Medienbühne gescheut. Das gab Haley, die sich bester Drähte zum Präsidenten rühmte, die Gelegenheit, sich als eine Art heimliche Außenministerin zu profilieren. Pompeo indes versteht sich prächtig mit Trump und mag das Scheinwerferlicht, während Bolton schon nach der Maxime America first handelte, als Trump noch mit Immobilienkäufen beschäftigt war. Der Aufstieg der beiden ließ Haley absteigen – auch wenn sie sich alle Mühe gibt, den Eindruck zu verwischen.

Nach sechs Jahren im Gouverneursamt und zwei Jahren bei den Vereinten Nationen sei es Zeit für eine Pause, begründet sie ihren Schritt. Sie halte es für richtig, Amtszeiten zu begrenzen, wolle mit gutem Beispiel vorangehen.

In der Uno stand Haley für einen harten Kurs. Den Ausstieg aus dem Atomabkommen mit dem Iran verteidigte sie ebenso wie die Verlegung der US-Botschaft in Israel von Tel Aviv nach Jerusalem.

Bisweilen Kritik an Moskau

Scharfe Kritik äußerte sie bisweilen auch an Russland – das unterschied sie von ihrem Chef, der den russischen Präsidenten Wladimir Putin nur mit Samthandschuhen anfasst.

Im Wahlkampf des Jahres 2016 gehörte die Südstaatlerin noch zu jenen Republikanern, die den Durchmarsch Trumps zu stoppen versuchten. Der Mann symbolisiere den "Sirenengesang der wütendsten Stimmen", warnte sie. Dass der Wahlsieger sie dann zur Uno-Vertreterin kürte und sie damit als prominenteste Frau in sein Kabinett holte, war denn auch eine faustdicke Überraschung. Zumal der Name Haley bis dahin für unbeschränkten Handel und eine aktive Rolle Amerikas in der Welt stand, nicht für Zollschranken und Isolationismus.

Dann aber, als müsste sie ihrem Vorgesetzten etwas beweisen, hielt sie bei ihrer Premiere am East River eine Rede, die ganz im Zeichen Trump'scher Drohkulissen stand: "Für diejenigen, die uns nicht den Rücken stärken: Wir notieren uns die Namen", lautete der Schlüsselsatz damals. (Frank Herrmann aus Washington, 9.10.2018)