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Seit Dienstag vergangener Woche sitzt Lara Alqasem am Flughafen in Tel Aviv fest – trotz eines einjährigen Visums, das ihr das israelische Konsulat in Miami erteilt hat.

Foto: Alqasem family via AP

Vor mehr als einer Woche hat Lara Alqasem ihre Heimat USA verlassen – ist aber bis heute nicht richtig an ihrem Zielort Jerusalem angekommen. Seit Dienstag vergangener Woche sitzt die 22-Jährige am Flughafen in Tel Aviv fest. Die Sicherheitsbehörden wollen sie nicht einreisen lassen – trotz eines einjährigen Visums, das ihr das israelische Konsulat in Miami erteilt hat. Und trotz eines Studienplatzes an der Hebräischen Universität in Jerusalem, wo sie ihren Master in Menschenrechtsstudien absolvieren will.

Die Sicherheitsbehörden werfen der Amerikanerin mit palästinensischen Großeltern "Boykott-Aktivitäten" vor. Rechtlich darf Israel bestimmten Unterstützern sogenannter Boykott-, Desinvestitionen- und Sanktionenkampagnen (BDS) die Einreise verweigern. Ein 2017 verabschiedetes und höchst umstrittenes Gesetz bietet dafür die Grundlage. Alqasem, eine junge Frau mit Brille und Nasenpiercing, wurde noch nicht endgültig abgewiesen: Sie hat bereits zum zweiten Mal Berufung eingelegt und wartet derzeit auf einen weiteren Gerichtstermin. So lange muss sie in einer Einrichtung auf dem Flughafengelände ausharren.

Der Fall erregt Aufsehen und zeigt, wie tief gespalten das Land ist, wenn es um die Frage geht, ob jemand Boykott-Unterstützer ist – und inwiefern das neue Boykott-Gesetz es rechtfertigt, bereits ausgestellte Visa wieder zu kassieren. Denn genau das ist im Falle von Lara Alqasem zunächst passiert: Sie hatte alle Einreisedokumente – und durfte dennoch die Grenze nicht passieren.

Aktionistin gegen Israel

Für Gilad Erdan, Minister für strategische Angelegenheiten (Likud), ist die Sache klar: "Wie jede andere Demokratie hat Israel das Recht, ausländischen Staatsangehörigen die Einreise zu untersagen – vor allem jenen, die daran arbeiten, dem Land zu schaden", schrieb er auf Twitter. Alqasem sei die Chefin einer Ortsgruppe von "National Students for Justice in Palestine" (SJP) gewesen, laut Erdan eine der "extremsten, hasserfülltesten BDS-Gruppen in den USA". Der Minister sieht im Vorgehen der Behörden eine "Verteidigung gegen Angriffe".

Laut Recherchen der Tageszeitung "Haaretz" berufen sich die Behörden – und damit auch Erdan – auf Angaben der kontroversen Organisation Canary Mission, die auf ihrer Webseite Personen listet, die zum Boykott Israels aufrufen.

Abgeordnete der kleinen Linkspartei Meretz haben hingegen ihre Solidarität mit der Studentin bekundet und sie in der Einrichtung am Flughafen besucht. Der Politiker Esawi Freij twitterte von dort: "Ich hoffe, dass das Gericht verstehen wird, dass jeder, der sich an einer israelischen Universität einschreibt, Israel nicht boykottiert."

Seit April kein Mitglied mehr

In ihrer ersten Anhörung bestritt Lara Alqasem zwar nicht ihre Rolle in der Organisation, allerdings habe sie nichts mit BDS-Kampagnen zu tun gehabt und sei seit April 2017 nicht mehr Mitglied und befürworte BDS heute nicht mehr. Mittlerweile hat sich sogar der Senat der Hebräischen Universität eingeschaltet und will sich der Berufung vor Gericht anschließen.

Gilad Erdan, der zunächst auf die Meretz-Vertreter schimpfte und dann auf die Universität, sah am Dienstag noch eine Chance: Wenn Lara Alqasem nicht mit zweideutigen Aussagen des Anwalts, sondern in ihren eigenen Worten aussage, dass BDS illegitim ist und sie ihre vergangenen Aktivitäten bereue, könnte man noch einmal über die Einreise nachdenken. (Lissy Kaufmann aus Tel Aviv, 9.10.2018)