Brüssel/London – Hoffnungen auf eine schnelle Einigung bei den Brexit-Gesprächen zwischen London und der EU haben am Dienstag einen Dämpfer erhalten. Britische Politiker erteilten Spekulationen über Zugeständnisse Londons in der schwierigen Irland-Frage eine Absage. Wie sich beide Seiten rasch einigen könnten, bleibt damit offen.

Brexit-Minister Dominic Raab schloss eine unbefristete Mitgliedschaft Großbritanniens in der Europäischen Zollunion als Notfallplan für die Irland-Frage am Dienstag im Parlament in London aus. Gleichzeitig machte die Chefin der nordirischen Protestantenpartei DUP, Arlene Foster, in Brüssel deutlich, dass sie keinen wirtschaftlichen Sonderstatus Nordirlands akzeptieren wird.

Es geht darum, Grenzkontrollen zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland beim EU-Austritt Großbritanniens zu verhindern. Großbritannien will sowohl die Europäische Zollunion als auch den EU-Binnenmarkt verlassen. Damit werden Kontrollen eigentlich unumgänglich. Beide Seiten wollen das unbedingt verhindern, aber wie das gehen soll, ist bisher unklar.

Harte Grenze

Befürchtet wird, dass eine harte Grenze den Konflikt in der ehemaligen Bürgerkriegsregion wieder anfachen könnte. Brüssel pocht darauf, dass Großbritannien einer Notfallklausel zum Brexit-Abkommen zustimmt, die Kontrollen in jedem Fall ausschließen.

Die Mitglieder einer Zollunion vereinbaren gemeinsame Außenzölle. Kontrollen an den Binnengrenzen sind daher überflüssig. London will sich davon aber lossagen, um eigene Freihandelsabkommen mit Drittstaaten wie den USA und China zu schließen.

Der Binnenmarkt sorgt dafür, dass keine rechtlichen Hürden die Bewegungsfreiheit für Menschen, Waren, Geld und Dienstleistungen innerhalb der EU einschränken. Das bringt Einwanderer ins Land und erfordert eine übergeordnete Instanz für die Rechtsprechung – auch das will London abschütteln.

Zuletzt hatte es Spekulationen gegeben, London könnte sich in der Frage auf einen Kompromiss einlassen. Britische Medien berichteten, London erwäge im Notfall ganz Großbritannien in der Zollunion zu belassen und Nordirland in Teilen des Binnenmarkts.

Doch das scheint nun ausgeschlossen. Zoll- oder Warenkontrollen zwischen Nordirland und dem übrigen Großbritannien seien nicht akzeptabel, sagte DUP-Chefin Foster am Dienstag in Brüssel. "Es kann keine Barrieren im Binnenmarkt des Vereinigten Königreichs geben, die den Wohlstand Nordirlands gefährden würden." Der Warenaustausch müsse so bleiben wie bisher. Die DUP hat erheblichen Einfluss, weil die konservative Premierministerin Theresa May im britischen Parlament auf ihre Stimmen angewiesen ist.

Eine Lösung soll bis zum EU-Gipfel in einer Woche gefunden sein. Dafür hatten beide Seiten zuletzt neue Vorschläge angekündigt. Ob London nun tatsächlich vor dem Gipfel noch konkrete neue Pläne veröffentlicht, war am Dienstag ungewiss.

Doch selbst wenn es May gelingt, ein Abkommen mit Brüssel zu schließen, ist ungewiss, ob sie dafür eine Mehrheit im Parlament findet. Etwa 40 Brexit-Hardliner aus ihren eigenen Reihen könnten ihr die Gefolgschaft versagen, wenn das Austrittsabkommen keinen klaren Bruch mit Brüssel festlege, drohte am Dienstag der ehemalige Brexit-Staatssekretär Steve Baker. Auch auf die Unterstützung der Opposition kann May nicht hoffen. (APA/Reuters, 9.10.2018)