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Grace Meng will zum Schutz ihrer Familie zu Hause in China möglichst anonym bleiben.

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Ihr Ehemann wird von den chinesischen Behörden festgehalten.

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Vergangene Woche erregte das Verschwinden von Interpol-Chef Meng Hongwei internationales Aufsehen. Seit seiner Reise nach Hongkong fehlte von dem hochrangigen Polizisten – der 64-Jährige ist in seiner Heimat China auch Vizeminister für öffentliche Sicherheit – jede Spur. Am Montag brachte die chinesische Regierung schließlich Licht ins Dunkel: Meng habe sich ideologische Untreue und Verrat an Parteichef Xi Jinping zuschulden kommen lassen, indirekt warf Peking ihm auch Korruption und die Annahme von Bestechungsgeldern vor. Er wurde verhaftet und zum Rücktritt gezwungen.

Nun meldet sich Mengs Ehefrau, die aus Sicherheitsgründen ihren anglisierten Vornamen Grace und den Nachnamen ihres Mannes verwendet, von Lyon aus zu Wort, wo Meng Hongwei bis zu seinem vorübergehenden Verschwinden von Berufs wegen lebte. Sie habe Drohanrufe erhalten, schildert sie in einem Gespräch mit der Agentur Associated Press.

Nächtliche Drohung

Eines Nachts, kurz nachdem ihr Mann aus Frankreich abgereist war, habe sie ihre beiden Söhne zu Bett gebracht, als ihr Mobiltelefon läutete: "Du hörst nur zu, du sprichst nicht", habe ein Mann am anderen Ende der Leitung auf Chinesisch in das Telefon gesprochen. "Wir haben zwei Teams geschickt. Zwei Teams nur für dich."

Französische Ermittler untersuchen nun, ob China tatsächlich, wie es der mysteriöse Anrufer behauptete, Agenten geschickt hat, um Grace Mengs habhaft zu werden. Dass sie Angst hat, ist verständlich, schließlich lebe in China jeder, der über Verschwundene spricht, "in höchster Gefahr". Und: "Er war so lange verschwunden, und niemand hat mir irgendeinen Hinweis gegeben, wo er sich befindet. Das ist ganz normal in China". Sie fühle sich verpflichtet, über das Schicksal ihres Mannes zu berichten, fügt sie an.

Letzter Kontakt: Ein Messer

Zuletzt habe dieser ihr am 25. September geschrieben, also vor etwas mehr als zwei Wochen. Den Inhalt der SMS, ein Messer-Emoji, verstand sie als Warnung. "Ich hatte solche Angst."

Um die Unschuld ihres Mannes zu beweisen, bot Grace Meng den Behörden Einblick in die Bankkonten der Familie an. "Er ist einfach nicht fähig zur Korruption", sagt sie. Und auch dass ihr Mann bei den Mächtigen in Peking in Ungnade gefallen sein könnte, glaubt sie nicht. Er habe sich stets aus den Streitereien der chinesischen Politik herausgehalten.

Aktivisten: Meng ist nicht nur Opfer

Menschenrechtsaktivisten sehen den Fall Meng freilich etwas kritischer. Der Interpol-Chef habe das System des Verschwindenlassens als hoher Kader innerhalb des chinesischen Sicherheitsapparats schließlich selbst mitaufgebaut. Nun könnte er diesem selbst zum Opfer gefallen sein. (red, 10.10.2018)