Der Konflikt zwischen BVT (links Direktor Peter Gridling) und BMI (rechts zu sehen die Generaldirektorin für Öffentliche Sicherheit Michaela Kardeis) sorgt weiterhin für politische Spannungen

Foto: APA/Gruber

1. Das Vorspiel

Die Opposition sagt: Das Innenministerium unter Herbert Kickl soll ein anonym verfasstes Dossier mit zahlreichen Vorwürfen gegen hochrangige Beamte zum Anlass genommen haben, um im BVT umzubauen. Kickls Generalsekretär Peter Goldgruber und sein Mitarbeiter Udo Lett sollen Zeugen präpariert und Druck auf die Staatsanwaltschaft (StA) ausgeübt haben.

Das Innenministerium sagt: Die Ermittlungen liefen unabhängig vom Innenministerium. Goldgruber stand in der Pflicht, die Anschuldigungen und Zeugen weiterzuleiten und sich um Aufklärung zu bemühen. Es gab keine "Vorgespräche", in denen Zeugen abgefragt wurden.

Erkenntnisse aus dem Ausschuss: Die Staatsanwaltschaft, konkret fallführende Staatsanwältin, Gruppenleiter und WKStA-Leiterin, stellten dem Innenministerium großteils einen Persilschein aus. Zu den Themen "Weitergabe nordkoreanischer Passrohlinge" und "Daten-Nichtlöschung" hatte sie bereits 2017 ermittelt. Allerdings gaben die WKStA-Mitarbeiter entgegen einer parlamentarischen Anfragebeantwortung von Kickl an, nicht von Vorgesprächen mit Belastungszeugen informiert gewesen zu sein. Justiz-Generalsekretär Christian Pilnacek kritisierte, dass sich Goldgruber nicht an ihn gewandt habe. Goldgruber, Lett, Kickl und Belastungszeugen wurden noch nicht vom Ausschuss befragt. Die StA Wien bestätigt, nun auch zwei Ermittlungsverfahren gestartet zu haben, angeblich geht es um Verdacht auf Verstoß gegen das Verbotsgesetz.

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2. Die Vorbereitung der Razzia

Die Opposition sagt: Es gab keinen Grund, die Razzia abends beim Journalrichter zu beantragen. Dieser wurde nicht ordentlich informiert. Der angegebene Grund einer möglichen "Fernlöschung" von Daten stimmt nicht. Man hätte Amtshilfe beantragen können. Das Innenministerium hat die Razzia mit vorbereitet.

Das Innenministerium sagt: Die Entscheidung, eine Razzia durchzuführen, ist Sache der unabhängigen Justiz.

Erkenntnisse aus dem Ausschuss: Der Journalrichter verteidigte seine Entscheidung. Gegen ihn wird wegen Amtsmissbrauchs ermittelt, es gilt die Unschuldsvermutung – wie in der gesamten BVT-Causa. Die Staatsanwältin musste bestätigen, dass ein Zeuge das Argument der raschen "Fernlöschung" nur abseits der Vernehmung, also nicht unter Wahrheitspflicht, angegeben hat. WKStA-Leiterin Ilse Vrabl-Sanda sprach von einer "Geheimhaltung der Ermittlung", die ausschlaggebend für die Razzia gewesen sei. Pilnacek verwies auf die Entscheidung des Oberlandesgerichts, das die Hausdurchsuchungen großteils für unzulässig erklärt hatte.

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3. Die Razzia

Die Opposition sagt: Die Einsatzgruppe gegen Straßenkriminalität (EGS) wurde vom Innenministerium für die Razzia vorgeschlagen, da ihr Leiter Wolfgang Preiszler FPÖ-Politiker ist. Die EGS-Beamten könnten heimlich Akten über Rechtsextremismus gesichtet haben. Die Staatsanwältin sorgte für keinen ausreichenden Schutz sensibler BVT-Dokumente.

Das Innenministerium sagt: Die EGS sollte keine Dokumente sichten. Die Staatsanwältin war für die Hausdurchsuchung und Sicherstellungen zuständig.

Erkenntnisse aus dem Ausschuss: Entgegen früheren Beteuerungen von Innen- und Justizministerium gaben EGS-Polizisten an, sehr wohl für Sicherstellungen von Akten zuständig gewesen zu sein, vor allem im Rechtsextremismus-Referat. Es gibt Unklarheit, wann und wie die Staatsanwältin dies angeordnet hat. Auch bei Angaben zum Transport der sichergestellten Dokumente gibt es Diskrepanzen.

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4. Die Suspendierung

Die Opposition sagt: Das Innenministerium nutzt die Ermittlungen, um das BVT umzufärben beziehungsweise einzufärben. So sollte BVT-Chef Peter Gridling abgesetzt und Extremismusreferatsleiterin G. unter Druck gesetzt werden.

Das Innenministerium sagt: Es ist die Pflicht der Behörde, Beamte bei strafrechtlichen Ermittlungen zu suspendieren. Entschieden wurde das unabhängig vom zuständigen Gremium ohne Einflussnahme des Kabinetts.

Erkenntnisse aus dem Ausschuss: Das Innenministerium fragte mehrfach bei der Staatsanwaltschaft nach, ob es neue Vorwürfe gegen BVT-Beamte gebe. Die ersten Suspendierungen wurden mit einer Ausnahme vom Verwaltungsgericht aufgehoben.

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5. Internationale Kooperation

Die Opposition sagt: Die Razzia hat die nationale Sicherheit gefährdet, internationale Partner wollen nicht mehr mit Österreich kooperieren.

Das Innenministerium sagt: Es werden laufend Gespräche mit Partnern geführt, das Vertrauensverhältnis ist aufrecht. Österreich erhält nach wie vor Informationen.

Erkenntnisse aus dem Ausschuss: Dem BVT hat die Suspendierung aus einem internationalen Spionage-Club gedroht. Mitarbeiter gaben an, dass weniger Daten aus dem Ausland übermittelt werden. WKStA-Chefin Vrabl-Sanda gab an, dass nicht die Ermittlungen, sondern die untersuchten Delikte das internationale Ansehen des BVT beschädigten. (Fabian Schmid, Maria Sterkl, Renate Graber, 11.10.2018)