Der sanduhrförmige Explosionsüberrest CK Vulpeculae erwies sich lange Zeit als äußerst rätselhaftes Objekt.
Foto: ALMA/S. P. S. Eyres

Am 20. Juni 1670 erspähte der französische Mönch und Astronom Père Dom Anthelme in der Nähe des Kopfes des Sternbildes Schwan einen plötzlich aufleuchtenden "neuen" Stern. Während der ersten Monate nach diesem für damalige Verhältnisse spektakulären Himmelsereignis war der Stern noch mit freiem Auge deutlich zu erkennen. Im Verlauf der folgenden zwei Jahre verblasste er, gewann aber noch zweimal vorübergehend an Helligkeit, ehe er schließlich endgültig verschwand.

Lange Zeit schlossen Wissenschafter aus den 350 Jahre alten Berichten, dass es sich bei der Leuchterscheinung um eine Nova gehandelt haben muss. Derartige explosionsartige Ausbrüche treten in Doppelsternsystemen auf, wobei Materie von einem meist größeren Sternpartner auf die Oberfläche eines Weißen Zwergs trifft. Doch genauere Untersuchungen enthüllten allmählich, dass Nova Vulpeculae 1670, so hieß der "neue Stern" zunächst, ganz und gar nicht in das herkömmliche Nova-Schema passen wollte.

Keine Nova im üblichen Sinn

Die Lichtkurve stimmte nicht, und auch die Verteilungsgeschwindigkeit der Überreste sprach für ein ganz anderes Szenario. Welches das war, blieb jedoch lange Zeit rätselhaft. 2015 schließlich ließen Beobachtungen mit Radioteleskopen erahnen, dass es dort in rund 2.400 Lichtjahren Entfernung zu einer Art Kollision gekommen sein muss – zwischen welchen Objekten, konnte man allerdings nach wie vor nicht feststellen.

Nun ist es einem Forscherteam um Stewart Eyres von der University of South Wales gelungen, die tatsächliche Ursache für die ungewöhnlichen Helligkeitsausbrüche herauszufinden. Die Wissenschafter nahmen den mittlerweile zu CK Vulpeculae umgetauften Explosionsüberrest mit dem Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA) in Chile ins Visier und bestimmten mithilfe zweier weiter entfernt liegender Sterne dessen chemische Zusammensetzung.

Die Sternkarte, angefertigt von dem berühmten Astronomen Hevelius, zeigt die Position der vermeintlichen Nova, die im Jahr 1670 im Sternbild Schwan auftauchte.
Illustr.: Royal Society

Ungewöhnliche Zusammensetzung

Dabei offenbarte sich Ungewöhnliches: "Die analysierte Materie in dem Sanduhr-förmigen Nebel enthält Lithium, ein Element, das im Inneren von Sternen normalerweise nicht vorkommt", erklärt Eyres. Darüber hinaus erwies sich die Gas- und Staubwolke als reich an organischen Molekülen – etwas, das die Wissenschafter ebenfalls nicht erwartet hatten. Die Astronomen schlossen aus ihren Daten, dass 1670 im Sternbild Schwan ein bislang einzigartiger kosmischer Zusammenstoß stattgefunden haben muss: Offenbar war einer der Kollisionspartner ein Weißer Zwergstern, der andere entpuppte sich als Brauner Zwerg, eine Übergangsform zwischen herkömmlichen Sternen und großen Gasplaneten.

"Die nachgewiesene Zusammensetzung der Elemente zeigt, dass damals verhältnismäßig wenig Materie in Form eines Braunen Zwergs auf die Oberfläche eines Weißen Zwergs stürzte, was zu einem thermonuklearen 'Brennen' führte", meint Eyres. Konkret dürfte der Zusammenstoß wohl folgendermaßen abgelaufen sein: Ursprünglich umkreiste der "gescheiterte Stern" den gut zehnmal massereicheren Weißen Zwerg in sicherem Abstand, der sich jedoch allmählich immer weiter verkleinerte. Schließlich konnte der Braune Zwerg den gewaltigen Gezeitenkräften des Weißen Zwergs nicht mehr standhalten. Er wurde förmlich zerrissen, und seine Überreste trafen auf den Stern. Die daraus resultierende Explosion verteilte die Materie in der weiteren Umgebung.

Nie gesehenes Phänomen könnte häufiger vorkommen

"Diese Explosion war es, was der französische Mönch und viele andere Himmelsbeobachter 1670 als Aufleuchten eines 'neuen' Sterns wahrgenommen haben", meint Eyres. Dass es sich dabei um einen bislang einmaligen Vorgang handelte, bestätigt auch Koautor Albert Zijlstra von der University of Manchester. "Etwas derartiges haben wir zuvor weder theoretisch postuliert noch jemals beobachtet. Das ist daher eine sehr aufregende Entdeckung." Dennoch vermuten die Wissenschafter, dass solche Zusammenstöße durchaus häufiger in der Milchstraße vorkommen dürften, aber bislang noch nie als solche erkannt wurden. (tberg, 10.10.2018)