Washington – Die USA sollen einem Medienbericht zufolge Hinweise auf eine anstehende Verschleppung des regierungskritischen saudi-arabischen Journalisten Jamal Khashoggi gehabt haben. Saudische Offizielle seien von den US-Geheimdiensten dabei abgehört worden, wie sie Kidnapping-Pläne besprochen hätten, berichtete die "Washington Post" am Mittwoch unter Berufung auf US-Regierungsvertreter.

Khashoggi hätte demnach aus dem US-Bundesstaat Virginia weggelockt und festgesetzt werden sollen. Kronprinz Mohammed bin Salman soll die Operation angeordnet haben.

Die "Washington Post" berichtete zudem unter Berufung auf Freunde Khashoggis, dass hochrangige saudische Vertreter dem Journalisten Schutz oder sogar einen wichtigen Regierungsposten angeboten hätten, sollte er in seine Heimat zurückkehren. Der im US-Exil lebende Khashoggi, der unter anderem für die "Washington Post" schrieb, sei aber misstrauisch gewesen.

Sprecher bestreitet Hinweise

Ein Sprecher des US-Außenministeriums bestritt, dass die Regierung Hinweise auf eine konkrete Bedrohung Khashoggis gehabt habe. Er könne zwar keine Angaben über Geheimdienstinformationen machen, sagte Sprecher Robert Palladino. "Ich kann aber definitiv sagen, dass wir im Voraus kein Wissen über das Verschwinden von Herrn Khashoggi hatten."

Unterdessen steigt in den USA der innenpolitische Druck in dem Fall. 22 Senatoren leiteten am Mittwoch Ermittlungen ein. Sie berufen sich dabei auf ein Gesetz, wonach US-Präsident Donald Trump untersuchen muss, ob es zu groben Verstößen gegen die Menschenrechte durch einen Ausländer gekommen ist. "Unsere Erwartung ist, dass Sie dabei alle relevanten Informationen in Betracht ziehen, einschließlich derer in Bezug auf die hochrangigsten Vertreter der Regierung Saudi-Arabiens", heißt es in einem Brief, der von den Senatoren beider Parteien unterzeichnet wurde.

Entscheidung binnen 120 Tage

Dem Gesetz nach muss binnen 120 Tagen eine Entscheidung vorliegen, ob Sanktionen wegen ernsthafter Verletzungen der Menschenrechte verhängt werden, etwa Folter, unverhältnismäßig lange Inhaftierung ohne Gerichtsverfahren oder die Tötung von Menschen, die ihr Recht auf Meinungsfreiheit in Anspruch genommen haben. Khashoggis Verschwinden lasse darauf schließen, dass er ein Opfer einer groben Verletzung der international anerkannten Menschenrechte geworden sei, heißt es in dem Brief.

Von Khashoggi fehlt jede Spur, seit er am Dienstag vergangener Woche das saudische Konsulat in Istanbul betrat. Türkische Ermittler hegen den Verdacht, dass er dort ermordet wurde. Saudi-Arabien weist das zurück, ist aber bisher den Beweis schuldig geblieben, dass Khashoggi das Konsulat wieder lebend verlassen hat. Trump forderte am Mittwoch vom engen Verbündeten Saudi-Arabien Auskunft über das Schicksal des Journalisten: "Wir wollen alles wissen." (APA, 11.10.2018)