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Ein Bild vom Start der Rakete – der Winkel täuscht: Hier ist kein Absturz zu sehen.
Foto: Reuters/SHAMIL ZHUMATOV

Der Start eines Sojus-Raumschiffs vom Weltraumbahnhof Baikonur in Kasachstan zur Internationalen Raumstation (ISS) ist fehlgeschlagen. Die zweiköpfige Besatzung konnte aber nach Angaben der russischen Nachrichtenagentur Ria durch ein Notlandemanöver gerettet werden.

Die Landestelle der Kapsel wurde nahe der kasachischen Stadt Dscheskasgan in Zentralasien identifiziert, umgehend wurden Rettungsmannschaften mit Hubschraubern auf den Weg geschickt. Bald darauf berichteten Ärzte, dass die Raumfahrer unverletzt seien.

Das Raumschiff MS-10 hätte nach rund sechs Stunden Flugzeit am Nachmittag an die ISS andocken sollen. Laut dem russischen Vize-Ministerpräsidenten Juri Borissow kam es jedoch kurz nach dem Start zu Problemen mit dem Abstoßen der zweiten Antriebsstufe der Trägerrakete. Die Sojus wurde daraufhin von der Rakete abgekoppelt, um mittels Fallschirmen notlanden zu können – in einem steileren Winkel, als Raumkapseln normalerweise zur Erde zurückgebracht werden.

Die beiden Raumfahrer an Bord, der US-Amerikaner Tyler "Nick" Hague und der Russe Alexej Owtschinin, haben das Manöver aber offenbar unversehrt überstanden. Der Chef der russischen Raumfahrtbehörde Roskosmos, Dmitri Rogosin, twitterte, dass das Rettungssystem funktioniert habe: "Die Mannschaft ist gelandet. Alle sind am Leben." Aufnahmen aus dem Inneren der Kapsel hatten zuvor gezeigt, wie Owtschinin und Hague umhergeworfen wurden, als es zu dem Zwischenfall kam.

Rasche Aufklärung tut Not

Rogosin erklärte auch, dass umgehend eine staatliche Untersuchungskommission eingerichtet wurde, um die Ursache für den Fehlstart schnell aufzuklären. Aufschlüsse erhofft man sich unter anderem von der Auswertung der Telemetrie-Daten der Rakete. Die Untersuchung umfasst auch strafrechtliche Ermittlungen: "Beamte untersuchen derzeit den Startplatz, Dokumente wurden beschlagnahmt", erklärte ein Sprecher des Ermittlungsausschusses noch am Donnerstag. Die Untersuchung soll klären, ob beim Bau der Rakete Sicherheitsbestimmungen missachtet wurden.

Die Agentur Ria meldete indessen unter Berufung auf einen Insider, dass Russland entschieden habe, die bemannte Raumfahrt nach dem Unfall vorerst auszusetzen. Für die aktuelle Crew der ISS bedeutet das eine verlängerte Wartezeit, denn seit dem Aussetzen des Shuttle-Programms der Nasa kann allein Russland Raumfahrer von und zur ISS transportieren.

Von Privatunternehmen wurden bislang lediglich unbemannte Versorgungsflüge durchgeführt. Der erste bemannte Flug einer SpaceX-Rakete ist nach bisherigem Stand für Frühling 2019 geplant. Zumindest für Transportflüge könnten Private aber einspringen, was auch notwendig werden könnte: Russland erwägt derzeit, auch unbemannte Flüge bis Ende des Jahres einzustellen.

Mit dem Schrecken davongekommen: Nick Hague (links) und Alexej Owtschinin werden nach der Notlandung mit Knabbereien versorgt.
Fotos: APA/AFP/Russian Space Agency Roscosmos

Owtschinin ist bereits ein erfahrener Weltraumveteran, während es für Hague ein dramatisches Debüt war. Die zwei Raumfahrer sollten zu einem etwa halbjährigen Forschungsaufenthalt auf der ISS aufbrechen und das Team um den Deutschen Alexander Gerst verstärken, der vor gut einer Woche das Kommando auf der ISS übernommen hatte.

Schon seit Jahren kämpft das noch auf die Sowjetzeit zurückgehende Sojus-Programm mit technischen Problemen, die an seinem einstigen – ob zu Recht bestehenden oder nicht – Ruf der Zuverlässigkeit nagen. Jüngstes Beispiel einer Pannenserie war die unmittelbare Vorgängerin der nun notgelandeten Kapsel MS-10. Bei der bereits an der ISS angedockten MS-09 war ein Leck festgestellt worden, die Suche nach der Ursache gestaltete sich als unerwartet schwierig. (red, 11.10.2018)

Ende gut, alles gut: die notgelandete Kapsel in der kasachischen Steppe.
Foto: imago/ITAR-TASS