Wie viele sogenannte Schwarmarbeiter es in Österreich gibt, ist schwer zu sagen. In einer Studie der Universität Hertfordshire von 2016 gaben rund 18 Prozent der Österreicher an, im vergangenen Jahr zumindest einmal über Crowdwork-Plattformen gearbeitet zu haben.

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Wien – Äußerlich sind sie nur schwer von anderen zu unterscheiden: Im Alltagsgewand sitzen sie in Internetcafés oder in der eigenen Wohnung, schreiben oder klicken auf dem aufgeklappten Laptop herum und nippen ab und zu an dem Kaffee. "Digitaler Tagelöhner" oder "Schwarmarbeiter" könnte der Beruf heißen.

Im Internet sind sie eine große anonyme Masse an Menschen, die unterschiedlichste Tätigkeiten verrichten: vom Verfassen von Beschreibungs- und Werbetexten für Onlineshops bis zur Kategorisierung von Bildern und einfachen Programmierarbeiten. Gearbeitet wird über Plattformen wie Clickworker, 99designs oder Freelancer, die meist komplexe Aufgaben in viele kleine Teilaufgaben zerlegen, um die Anforderungen an die Tätigkeit niedrig zu halten.

Einkommen aus dem Internet

Christine Wöller (Name von der Redaktion geändert) war Teil des Schwarms: Weil die Selbstständige nur schwer Kunden für ihr Grafikbüro in Wien fand, begann sie vor drei Jahren, nach zusätzlichen Einkommensquellen im Internet zu suchen. Sie registrierte sich auf verschiedenen Plattformen, gab ihre Zahlungsdaten an und erstellte Logos für Kunden, die sie nie in ihrem Leben zu Gesicht bekam. "Man steht bei der Arbeit in ständigem Wettbewerb. Für die verschiedenen Aufgaben werden Bewerbe ausgeschrieben, nur ein Arbeiter gewinnt mit seinem Logo und wird von den Kunden bezahlt", sagt sie. Wöller habe zwar meist von in der Früh bis am späten Nachmittag auf den Websites gearbeitet, zum Leben habe das Einkommen jedoch nicht gereicht. "Ich habe viel Zeit investiert, aber nicht immer gewusst, ob ich dafür bezahlt werde."

Geringes Einkommen

Wie viele Crowdworker es in Österreich gibt, ist schwer zu sagen. In einer Studie der Universität Hertfordshire von 2016 gaben rund 18 Prozent der Österreicher an, im vergangenen Jahr zumindest einmal über Crowdwork-Plattformen gearbeitet zu haben. Geleistet werde diese Form der Arbeit vor allem von Menschen, die ein geringes Einkommen haben, nur für die wenigsten ist die Tätigkeit die einzige Einkommensquelle, heißt es in der Studie. Bei den Crowdworkern handle es sich eher um junge Menschen, aber auch ältere gehen der Arbeit nach – nur elf Prozent der Befragten waren Studenten.

"Crowdworking sozial abgesichert"

Während die Wirtschaftskammer Crowdworking als sozial abgesicherten Beruf versteht, kritisiert vor allem die Arbeiterkammer die Rahmenbedingungen der Tätigkeit: Die Jobs würden sich demnach oft in Grauzonen befinden, gearbeitet werde meist ohne Arbeitsvertrag und unter dem Mindestlohn. Zudem seien die Arbeiter einem hohen Konkurrenzdruck und einem Machtungleichgewicht gegenüber der Plattform ausgesetzt. Sie fordert stärkere Richtlinien und Vernetzung zwischen den Schwarmarbeitern.

Dass die Arbeit jedoch auch Vorteile bieten kann, hat Wöller erkannt. "Man kann von überall und zu jeder Zeit arbeiten und ist damit ziemlich flexibel", meint sie. Trotzdem wurde ihr die Arbeit vor zwei Jahren zu viel, und sie beschloss, wieder aufzuhören. Schließlich kamen auch mehr Kunden in ihr Grafikbüro in Wien, womit sie nicht mehr auf das Geld angewiesen war. "Wer kann, macht etwas anderes." (Jakob Pallinger, 12.10.2018)