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Der Spanier Sergio Ramos würde natürlich auch ohne Tattoos nicht von Real Madrid zu Monza wechseln.

Foto: REUTERS/Juan Medina

Monza – Simone Iocolano muss dringend zum Friseur. Findet zumindest Silvio Berlusconi. Wilde Schneckerln wachsen auf dem Kopf des Stürmers des italienischen Drittligisten SS Monza 1912, dessen Chef der 82 Jahre alte Berlusconi seit kurzem ist. Und auch das noch: Auf Iocolanos Armen prangen üppige Tattoos. Wie, um Himmels willen, konnte ausgerechnet Iocolano zu Monzas erstem Neuzugang der Ära Berlusconi werden, in der doch alles anders werden soll?

Iocolanos Lockenmähne gefällt dem Boss nicht.

Einen "kostenlosen Friseur" hatte Italiens ehemaliger Ministerpräsident der Mannschaft versprochen, als er Ende September mit viel Tamtam ins Fußballgeschäft zurückgekehrt war. Vor eineinhalb Jahren hatte Berlusconi für 740 Millionen Euro den AC Milan an einen chinesischen Geschäftsmann verkauft. Nun ist er Monza-Eigentümer, er hat das 100-prozentige Aktienpaket übernommen, drei Millionen Euro soll es zunächst gekostet haben, ein Schnäppchen. Monza war seit 2015 im Besitz des Unternehmers Nicola Colombo, der den Klub vor der Pleite gerettet und aus der Serie D in die dritte Liga geführt hatte. Der langjährige Milan-Geschäftsführer Adriano Galliani, Berlusconis Vertrauter in Sachen Fußball, ist Manager.

"Il Cavaliere", der Ritter, ist also zurück. Mit neuem Elan und uralten Vorstellungen. "Die Spieler sollen ihre Haare in Ordnung halten und keinen Bart tragen", sagte Berlusconi bei einem Kongress der Forza Italia, seiner nach einem Schlachtruf benannten Partei. Und damit nicht genug. "Ich möchte ein junges Team, alles Italiener, keine Tattoos, keine Ohrringe. Sie sollen ein Vorbild für Fairplay sein. Nach einem Foul werden sie sich entschuldigen, und nach dem Spiel werden sie die Hand des Gegners schütteln. Bei den Autogrammen werden sie ihren Vor- und Nachnamen schreiben. Und sie werden sich anständig kleiden. Kurz: Es wird ganz anders als im heutigen Fußball."

Tattoos sind auch nicht erwünscht.

Was wohl Monzas Mannschaft über Berlusconis Fußballutopie denkt? Der brasilianische Angreifer Jefferson etwa pflegt seit jeher einen Kinnbart. Und was ist mit Herve Magloire Otele Nnanga, dem Mittelfeldspieler mit Wurzeln in Kamerun? Oder Angreifer Sasha Cori, dessen Arme mit Tattoos übersät sind? "Ich werde einfach ein Trikot mit langen Ärmeln tragen", sagte Cori vor einigen Wochen. Wenn er viele Tore schieße, werde der Klub "schon ein Auge zudrücken".

Monza wird Coris Tore noch dringend benötigen: Berlusconi will den Verein in nur zwei Jahren in die Serie A führen. Es wäre eine Premiere für den bisher kaum beachteten Klub aus der Motorsport-Stadt. Erst zweimal war das 18.000 Zuschauer fassende Stadio Brianteo ausverkauft. 1992 war das, als Michael Jackson zwei Konzerte gab.

Zumindest Berlusconi wird nun öfter vorbeischauen, seine Villa in Arcore liegt nur fünf Kilometer entfernt. Die Ankunft werde auf die Serie C ähnliche Auswirkungen haben wie Cristiano Ronaldos Wechsel von Real Madrid zu Juventus Turin für die Serie A, glauben italienische Zeitungen.

Immerhin: In der Tabelle belegt Monza derzeit Rang drei, nur einen Zähler hinter Spitzenreiter Pordenone Calcio.

Und Silvio Berlusconis Friseurforderung? Gut möglich, dass der mächtige alte Mann schon bald keinen Euro mehr auf seine Aussagen gibt. So wie 2013. "Mario Balotelli wird nie nach Mailand wechseln. Ein fauler Apfel in der Kabine kann schnell alle anderen infizieren", hatte Berlusconi damals gesagt. 24 Tage später unterschrieb Balotelli bei Milan. Für die Locken von Simone Iocolano besteht also noch Hoffnung. (sid, red, 12.10.2018)