Die neue Trinkwasserrichtlinie soll das Vertrauen der europäischen Bürger in das Trinkwasser auch anderer EU-Länder erhöhen, argumentiert die EU.

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Wien – Die Arbeiterkammer und die Gewerkschaft Younion warnen vor negativen Folgen einer Privatisierung und Deregulierung der Trinkwasser-Versorgung und haben sich ihre Position durch eine gemeinsam mit dem Städtebund bei der TU Wien in Auftrag gegebenen Studie bestätigen lassen. Fazit der Studie: "Unzweifelhaft" seien die bisherigen Privatisierungen "wenig erfolgreich" gewesen.

"Es gibt andere Länder, die andere Erfahrungen haben, und wo vielleicht von vornherein eine gute Regulierung und eine gute Marktöffnung passiert ist", räumte Studienautor Michael Getzner vom Institut für Raumplanung der TU Wien ein – aber mit denen habe man sich nicht befasst. Untersucht wurden in der Vergleichsstudie Deutschland, Österreich, Frankreich, England, Wales, Ungarn und Portugal.

Daraus zieht Getzner den Schluss: "Aus theoretischen Argumenten eignet sich gerade dieser Infrastrukturbereich nur in sehr geringem Ausmaß für eine Privatisierung oder Deregulierung." Das habe man schon immer gesagt und könne es nun auch empirisch untermauern. Öffentliche Systeme würden eine gute Versorgung zu leistbaren Preisen bieten, Liberalisierung führe nicht zu einer besseren Effizienz der Versorgung. Frühere Deregulierungen und Privatisierungen hätten dazu geführt, dass die Länder und Regulatoren "etwas zur Besinnung gekommen sind und dann re-reguliert haben", sagte der Wissenschafter.

Stabiles Preisniveau

Im Gegensatz zu anderen Ländern hätten Deutschland und Österreich ein extrem stabiles Preisniveau für die Haushalte gehabt. In Deutschland zahlen die Haushalte mit Abstand am meisten für Trinkwasser – ein Kubikmeter kostet dort im Durchschnitt 2,60 bis 2,70 Euro. In Österreich sind es 1,50 bis 1,70 Euro. England und Wales, wo die Trinkwasser-Versorgung privatisiert wurde, kommen auch nach Preissteigerungen auf einen Durchschnittspreis von 1,50 Euro und Portugal auf 2,20 Euro.

Dem Argument, es gebe beim Trinkwasser einen Deregulierungsdruck vonseiten der EU, widersprach Marc Fähndrich von der Vertretung der EU-Kommssion in Wien. "Unsere Politik ist es nicht – im Rahmen der Subsidiarität, das heißt, wir regeln nur das, was wir nachweislich besser können als die Mitgliedstaaten – uns einzumischen in eine nationale Debatte, ob das Wasser von Öffentlichen bereitgestellt wird oder ob das Wasser von Privaten bereitgestellt wird." Die EU-Kommission sei keineswegs neo-liberal – "im Rahmen der Trinkwasserrichtlinie wollen wir höhere Standards und mehr Regulierung".

Mehr Vertrauen

Die neue Trinkwasserrichtlinie soll das Vertrauen der europäischen Bürger in das Trinkwasser auch anderer EU-Länder erhöhen, argumentierte Fähndrich. Weil dann mehr Leitungswasser getrunken werde, seien für die Haushalte Einsparungen von 600 Millionen Euro zu erwarten. "Das übersteigt die Kosten, die durch den Mehraufwand bei der Kontrolle entstehen".

Der grüne EU-Parlamentarier Michel Reimon hält die Pläne der EU-Kommission für eine neue Trinkwasser-Richtlinie aus gesamteuropäischer Perspektive für sinnvoll, allerdings habe Österreich hier eine Sonderposition wegen der sehr kleinteiligen Wasserversorgung im ländlichen Raum. Hier müsse man darauf achten, dass die kleinen Wasserversorger nicht mit zu hohen Kosten durch zusätzliche Wasserüberprüfungen belastet werden. (APA,