Emmanuel Macron war der Glückspilz der französischen Politik: Als er 2017 Präsidentschaftskandidat wurde, erledigten sich seine schärfsten Rivalen – François Fillon, Alain Juppé, François Hollande, Marine Le Pen – wie von selbst durch ihre eigenen Fehler. Einmal im Elysée, begann der noch nicht vierzigjährige Shootingstar ein Reformprogramm umzusetzen, wie es Frankreich noch nie gesehen hat.

Jetzt beginnt Macron aber selbst Fehler zu machen. Er macht sich mit arroganten Sprüche unbeliebt und erweist sich als politisch unerfahren – diesen Sommer in der Affäre um den Leibwächter Benalla, jetzt mit einer Regierungsumbildung, die dem Präsidenten aus dem Ruder zu laufen droht.

Gewiss: Die Stellung des französischen Staatschefs lässt sich verfassungstechnisch kaum anfechten oder auch nur untergraben. Zudem bleibt die Opposition in Paris heillos zerstritten. Eher gefährdet sind jedoch Macrons Reformen, die er bis zu seinem Mandatsende 2022 durchziehen will.

Auswirkungen auf Europa

Gefährdet ist aber auch seine Europapolitik. Konkret jene vertiefte EU-Integration, die Macron vor einem Jahr in seiner ehrgeizigen Sorbonne-Rede skizziert hatte. Dahinter stand letztlich die Absicht, zusammen mit Deutschland ein kontinentaleuropäisches Bollwerk gegen die Populisten in Ungarn und Polen, Italien und England zu errichten. Und darüber hinaus gegen Hardliner in den USA und Brasilien oder gegen Autokraten in Russland und China.

Jetzt ist Macron aber innenpolitisch so geschwächt wie seine Verbündete Angela Merkel. Zur Abnutzung der deutschen Kanzlerin gesellt sich die Unerfahrenheit des französischen Präsidenten. Zusammen kann die progressive Achse Frankreich–Deutschland in der EU und darüber hinaus kaum mehr den Ton vorgeben. Das wird einige freuen. Für die Stabilität Europas ist es aber auf jeden Fall keine gute Entwicklung. (Stefan Brändle, 12.10.2018)