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Potenziell anspannungsfördernd: "The Shining".

Foto: AP/dpad/Warner Bros

Mainz – Altersfreigaben für Filme sind mitunter umstritten, weil subjektiv erstellt: Sie gehen auf Beurteilungen durch Institutionen wie die Jugendmedienkommission im österreichischen Bundesministerium für Bildung oder die Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft in Deutschland zurück –die FSK ist durch ihre verschiedenfarbenen Aufkleber auch heimischen DVD-Käufern wohlbekannt. Doch auch Expertengremien bestehen nur aus Menschen und können Bewertungen abgeben, die für andere nicht nachvollziehbar sind.

Verräterische Verbindung

Nun berichtet das Max-Planck-Institut für Chemie, dass man den Experten mit objektiveren Kriterien beistehen könnte: objektiv im Sinne, dass sie sich von Messgeräten erfassen lassen. Gemessen würde dabei, welche Mengen des Kohlenwasserstoffs Isopren die Zuschauer ausatmen – ein Indikator dafür, wie gestresst sie sind.

Isopren entsteht beim Stoffwechsel und wird im Muskelgewebe gespeichert. Wenn wir uns bewegen, wird es über den Blutkreislauf und die Atmung, aber auch über die Haut freigesetzt. "Offenbar rutschen wir im Kinosessel unwillkürlich hin und her oder spannen Muskeln an, wenn wir nervös und aufgeregt sind", sagt Jonathan Williams vom Max-Planck-Institut für Chemie. Wie buchstäblich angespannt das Publikum einen Film verfolgt, liefert wiederum ein gutes Indiz dafür, wie belastend der Streifen auf Kinder und Jugendliche wirkt.

Experiment im Kinosaal

Für seine Versuchsreihe hat das Team um Williams bei 135 Vorführungen elf verschiedener Filme die Luftzusammensetzung im Kinosaal und dabei auch die Konzentration flüchtiger organischer Verbindungen gemessen. Beteiligt waren dabei insgesamt über 13.000 Zuschauer.

Mit einem Massenspektrometer, das an die Belüftungsanlage des Kinosaals angeschlossen wurde, maßen die Forscher während einer Filmvorführung alle 30 Sekunden, wie sich die Zusammensetzung der Kinoluft ändert. Auf diese Weise wurde die Konzentration von 60 Verbindungen analysiert. Die Isopren-Werte erwiesen sich dabei laut den Forschern als guter Indikator.

Auf Basis der Messungen haben die Wissenschafter anschließend ein Modell erstellt, das die Daten, wie häufig und in welchen Mengen die Zuschauer die Substanzen abgeben, mit der Altersklassifikation in Relation setzt. Wenn die neue Methode bei einem repräsentativ zusammengesetzten Publikum angewendet würde, könnte sie in umstrittenen Fällen helfen zu entscheiden, ab welchem Alter ein Film freigegeben wird, glauben die Forscher. Zudem können die Messungen auch Aufschluss darüber geben, wie sich die Reaktionen der Zuschauer und die Maßstäbe für die Altersfreigabe im Laufe der Zeit verändern. (red, 12. 10. 2018)