Als Spitzenräuber seines Lebensraums (zumindest bis ein Angler vorbeikommt) kann ein Hecht das Quecksilber der Fische und anderen Kleintiere, die er gefressen hat, in seinem Körper anreichern.
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Wien/Eisenstadt – Die gute Nachricht: Fische aus dem Neusiedler See kann man prinzipiell immer noch bedenkenlos essen. Die schlechte: Viel braucht es nicht, und sie könnten gesundheitlich doch noch bedenklich werden. Die in ihnen enthaltenen Quecksilber-Konzentrationen liegen nämlich nahe am Grenzwert, bilanziert der Chemiker Franz Jirsa von der Universität Wien in einem nun veröffentlichten Bericht.

Mit seinen Mitarbeitern vom Institut für Anorganische Chemie untersuchte Jirsa in den vergangenen Jahren 133 Fische acht verschiedener Arten aus dem Neusiedler See. In größeren Exemplaren wie dem Zander, Barsch und Hecht fanden sie bis zu 0,49 Milligramm Quecksilber pro Kilogramm Muskelfleisch. Dies liegt zwar unter dem von der EU vorgegebenen Grenzwert für den menschlichen Verzehr, aber nur gerade mal so: Der liegt nämlich bei 0,50 Milligramm pro Kilogramm – der Wert des österreichischen "Umweltqualitätsziels" von 0,02 Milligramm wird klar überschritten.

In der Nahrungskette weitergereicht

"Quecksilber ist das einzige Metall, von dem man weiß, dass es sich entlang der Nahrungskette über die sogenannte Biomagnifikation anreichert", erklärt Jirsa. Aus dem Wasser kommt es ins Plankton und somit in die Nahrungskette. Von kleinen zu immer größeren Organismen wird giftiges Methylquecksilber, die in Wasserorganismen vorherrschende Form, auf diese Weise weitergegeben.

Die Konzentrationen steigen entlang der Nahrungskette stetig an – so zeigten Studien über marine Nahrungssysteme, dass die Quecksilberwerte von Großräubern wie Haien bis zu zehn Millionen mal höher sein können als im Wasser. Haie spielen im Neusiedler See zwar keine Rolle, doch auch hier sind die Räuber am stärksten betroffen: Vor allem Tiere wie Reiher oder Fischotter dürften wahrscheinlich mit Quecksilber überbelastet sein, meint Jirsa.

Grund für diese effektive Anreicherung sei die gute Fettlöslichkeit des Methylquecksilbers. Es kann in jede Zelle und durch die Darmwand eindringen, sowie in Fett- und Muskelgeweben anhaften, und verlässt das Gewebe nur sehr langsam.

Ursprung unklar

Woher das Quecksilber in den Fischen aus dem Neusiedler See stammt, sei unklar, so Jirsa: "Wir müssen im Moment davon ausgehen, dass atmosphärische Deposition eine große Rolle spielt". In Gasform oder an Partikeln gebunden könne es über weite Strecken durch die Luft transportiert werden.

Laut Schätzungen ist die Hälfte der weltweiten Quecksilber-Emissionen auf natürliche Quellen wie Vulkane, Geysire, Erosion und Waldbrände zurückzuführen. Die andere Hälfte von etwa 2.000 bis 3.000 Tonnen tragen die Menschen mit Kohlekraftwerken, der Goldgewinnung, Amalgamplomben und Energiesparlampen bei.

Gegen die natürlichen Freisetzungsprozesse lässt sich nicht wirklich vorgehen – die vom Menschen verursachten Emissionen könnten aber verringert werden. "Um der zunehmenden Quecksilberbelastung entgegenzuwirken, müsste der Mensch seine Emissionen zurückfahren", meint der Chemiker. Nach derzeitigem Stand des Wissen sei eine Fixierung des flüchtigen Elements mit technologischen Verfahren nämlich kaum vorstellbar. (APA, red, 12. 10. 2018)