Wien – Acht bekannte Umwelt- und Naturschutzorganisationen haben eine Allianz gegen das Staatsziel Wirtschaftsstandort geschmiedet und einen gemeinsamen Brief an SPÖ und Neos verfasst, in dem die Oppositionsparteien aufgefordert werden, der Regierung für ihre Pläne keine Zweidrittelmehrheit zu schenken. Das Regierungsvorhaben wird am Mittwoch im Verfassungsausschusses des Nationalrats eingebracht.

Schon während der Begutachtungsphase im Frühjahr hatte es heftige Kritik an dem von Türkis-Blau geplanten Staatsziel Wirtschaftsstandort gegeben. Die Bundesregierung möchte unter Verweis auf milliardenschwere Bahninvestitionen oder die Verzögerungen beim Bau der dritten Piste am Flughafen Wien künftig neben dem Begriff Umweltschutz auch Wirtschaftswachstum, Standort und Beschäftigung als Staatsziele in der Verfassung verankern. Dies stehe keinesfalls im Widerspruch zum Umweltschutz, hatten die Regierungsvertreter betont.

Bitte an Partei-Chefinnen

Das Vorhaben der Bundesregierung sei ganz bewusst darauf angelegt, die bisherige Verankerung von Nachhaltigkeit, Tierschutz und Umweltschutz in der Verfassung abzuschwächen beziehungsweise zu entwerten, warnen indes der WWF Österreich, Global 2000, Birdlife, Naturschutzbund, Naturfreunde, VCÖ, Alpenverein und Vier Pfoten in einem Schreiben an SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner und Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger. "Umso mehr sind Sie persönlich gefordert, dem geplanten neuen Staatsziel im Parlament keine Zustimmung zu erteilen. Daher bitten wir Sie, die notwendige Zweidrittel-Mehrheit sowohl im Nationalrat, als auch im Bundesrat zu verweigern sowie den Parlamentsklubs von SPÖ bzw. Neos ein entsprechendes Stimmverhalten zu empfehlen", so der Appell der Umwelt- und Naturschutzorganisationen.

"Nachhaltigkeit und Umweltschutz als Anliegen der gesamten Bevölkerung dürfen nicht leichtfertig aufgrund der Partikularinteressen einzelner Projektbetreiber aufs Spiel gesetzt werden. Wer sich hier dennoch zum Steigbügelhalter der Bundesregierung macht, verliert jede umweltpolitische Glaubwürdigkeit", erklärte Hanna Simons, Leiterin Natur- und Umweltschutz des WWF Österreich, im Namen der beteiligten Organisationen.

Kräfteverschiebung

Die Bundesregierung plant laut den Umweltschützern eine einseitige Kräfteverschiebung zugunsten kritischer Großprojekte. Denn auf das umstrittene Staatsziel folgten noch ein eigener Standortanwalt, der in UVP-Verfahren Umweltanliegen kleinreden solle, sowie ein besonders gefährliches Standortentwicklungsgesetz, das potenziell umweltschädliche Großprojekte mit einer rechtswidrigen Genehmigungsautomatik durchboxen wolle. Parallel dazu gebe es sehr konkrete Pläne, hohe österreichische Umweltstandards auf die Mindestvorgaben von EU-Richtlinien zurechtzustutzen.

"Unter dem Deckmantel der Verfahrensbeschleunigung sollen Umweltstandards und Beteiligungsrechte geschwächt und nach Möglichkeit ausgehebelt werden. Wenn sich diese Linie durchsetzt, landet Österreich bald wieder in der Zeit vor Zwentendorf und Hainburg. Umso mehr bitten wir Sie, diesen gefährlichen Kurs der Bundesregierung nicht mitzutragen und aktiv für eine nachhaltige Entwicklung Österreichs einzutreten", betonen die Umweltorganisationen in ihrem Offenen Brief. (APA, 14.10.2018)